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Seite:PhiloSomnGermanAdler.djvu/96

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Philon: Über die Träume (De somnis) übersetzt von Maximilian Adler

war und Gott des Pharao genannt wurde (2 Mos. 7, 1)[1] – er ist vielmehr weder ein Gott noch ein Mensch,[2] sondern er berührt beide Extreme, gleichsam die Basis und die Spitze. [29] 190 Die eine Art des Weinstocks, die der Frohsinn sich erwählt hat, und der aus ihr entstehende Trank, die unvermischte Wohlberatenheit, und der Mundschenk, der aus dem göttlichen Mischkrug schöpfte, den Gott selbst bis zum Rande mit Tugenden füllte, die ist nun erklärt. 191 Die andere Art aber, die der Unvernunft, des Leides und des Streites beim Weingelage wird auf eine besondere Art[3] durch das an anderer Stelle Gesagte in dem größeren Liede[4] näher erläutert: „Denn vom Weinstock Sodoms“, heißt es, „ist ihr Weinstock und ihre Rebe aus Gomorrha; ihre Traube ist die Traube der Galle und ihre Beere die der Bitternis; Wut der Drachen ihr Wein, unheilbare Wut der Nattern“ (5 Mos. 32, 32–33).[5] 192 Du siehst, was der Rauschtrank der Unvernunft bewirkt: die Bitterkeit, die Bosheit, die Wut, den Zorn, die Wildheit, die Bissigkeit, die Hinterlist. Ganz klar heißt es, der Sproß der Unvernunft sei zu Sodom – Sodom aber bedeutet Blindheit oder Unfruchtbarkeit[6] –, da die Unvernunft etwas Blindes und unfruchtbar an guten Werken ist; von ihr verführt haben einige es für richtig gehalten, alles nach sich selbst zu messen, zu wägen und zu zählen.[7] Gomorrha nämlich heißt übersetzt „Maß“. 193 Moses aber nahm an, daß das Gewicht, das Maß und die Zahl des Alls Gott sei,[8] aber nicht der menschliche Geist. Er erklärt es aber durch folgende Worte: „Nicht soll in deinem Beutel sein zweierlei Gewicht, ein großes und[9] ein kleines; nicht soll in deinem Hause sein zweierlei Maß, ein großes und ein kleines; wahres und richtiges Gewicht sollst du haben“ (5 Mos. 25, 13–15).[10] 194 Ein wahrer und richtiger Maßstab aber ist es, wenn


  1. Vgl. hierzu Über die Geburt Abels § 9 und die Anmerkung dazu.
  2. Nach Wendlands Vorschlag: οὔτε <οὖν θεὸς oὔτε> ἄνθρωπος.
  3. Die Übersetzung folgt dem Vorschlag Wendlands: εἶδος παροινίας ἰδιοτρόπῳ τινὶ τύπῳ διερμηνεύεται διὰ...
  4. Das ist bei Philo die Bezeichnung für Deuter. 32, im Gegensatz zu Exod. 15.
  5. Vgl. Über die Trunkenheit § 222.
  6. Vgl. ebenda die Anmerkung zu § 222.
  7. Zu diesem Motiv, dem der sophistische Satz des Protagoras zugrunde liegt, vgl. Über die Nachkommen Kains § 35 und die Anmerkung dazu.
  8. Vgl. Über die Geburt Abels § 59 und die Anmerkung dazu.
  9. So die handschriftliche Lesart.
  10. Vgl. hierzu Der Erbe des Göttlichen § 162.
Empfohlene Zitierweise:
Philon: Über die Träume (De somnis) übersetzt von Maximilian Adler. H. & M. Marcus, Breslau 1938, Seite 258. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhiloSomnGermanAdler.djvu/96&oldid=- (Version vom 7.1.2019)