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ihnen grau, grinsend, und senkte sich immer tiefer und ward rot und war schon unten und begann blitzhell durch die Nacht auf- und abzulaufen, den Galoppierenden immer voran.

Welwale aber, der Fuhrmann, hatte keine Furcht. Er diente Gott und seiner Donetschka (Donetschka hieß sein magerer Gaul) unverdrossen und ehrlich, daß ihn keiner darob schelten durfte. Er fuhr Fracht nach Boryslaw und jetzt, da der Verkehr völlig stockte, hatte er viel freie Zeit und verweilte mehr mit Gott auf Donetschkas Kosten. Er war ein eifriger Betbruder geworden und hatte mit Gott häufige, lange und heimliche Auseinandersetzungen. Was die Zwei miteinander auszumachen hatten, wußte niemand. Auch kümmerte sich jetzt kein Mensch drum, da jeder an sich selbst genug zu tragen hatte. Zu einer anderen, geruhigen Zeit wäre das den Leuten vielleicht aufgefallen, da Welwale in der Gasse eine gar nichtige oder gar keine Rolle spielte. Er trug und führte sich nicht nach frommer Art, seine Kleidung und seine ganze Lebensart hatte an sich etwas Bauernhaftes, Einfältiges, Nichtssagendes.

Nur zu den hohen Feiertagen kam er in der Leute Mund für eine Woche etwa, denn er stellte dem für diese Feiertage gedungenen Vorbeter den „Baß“, wie sie sagten und wie er selber nicht ohne Stolz sich einbildete, obwohl seine Stimme eher eine zackige Nuance zwischen Tenor und Bariton abgab. Welwale aber wollte just „Baß“ sein, denn es war ihm einmal in dieser Stimme eben (wie er glaubte) ein vortreffliches Solo beim „Mchalkel chajim“ im Achtzehngebet

Empfohlene Zitierweise:
Hermann Sternbach: Wenn die Schakale feiern. Weckruf-Verlag, Weimar 1917, Seite 17. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:SternbachWennDieSchakaleFeiern.pdf/21&oldid=- (Version vom 1.8.2018)