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Fingerspitze zu berühren. Und die Not der Zeit trug er mit einer festen Ergebenheit in Gott. Denn Welwale kannte nicht der Not Gegenteil. Wer konnte ihm dann was anhaben? Und dann: sein Gott war ja mit ihm. Sein Gott, versteht ihr mich! Seine Recha hatte ein paar Gulden erspart, davon wollten sie zehren und schon durchhalten. Sie war jetzt nachhause gekommen, da die Herrschaft, bei der sie diente, vor dem Unheil irgendwohin geflüchtet, nach Wien, oder gar weiter noch. Wer konnte es wissen? Denn wer nur einen Groschen in der Tasche klingen hatte, lief in wirrer Angst davon, ohne Ziel, um nur nicht dort zu sein, wo Russen waren. Nur die Armen waren geblieben, – und das Gesindel in übervoller Zahl.

Welwale konnte dieses Fliehen in keinem Fall verstehen. Und als Recha heimkam, da fühlte er sich sogar wohl, denn das war ihm eine Hilfe in dieser arbeitslosen Zeit. Und als sie ihm voller Angst das laufende Gerücht mitteilte, begann er über das sinnlose Gerede aus vollem Hals zu lachen und die Dummheit der Leute zu höhnen. Wie könne erstens ein Kommandeur, und wenn’s auch ein russischer ist, eine Nacht verschenken, da die Nacht doch Gottes sei und auch einen Kommandeur, ja sogar einen russischen Kommandeur, in die Ewigkeit hinüber schläfern könne? Und zweitens: Kosaken! Nichts als Gerede! Solche Menschen könne Gott überhaupt nicht geschaffen haben. Und wenn auch? Sagen wir: sie sind des Teufels. Wo wäre dann sein Gott? Sein Gott! Ob sie ihn verstehe – –?

Empfohlene Zitierweise:
Hermann Sternbach: Wenn die Schakale feiern. Weckruf-Verlag, Weimar 1917, Seite 19. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:SternbachWennDieSchakaleFeiern.pdf/23&oldid=- (Version vom 1.8.2018)