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hatte eine „Sorotschka“ aus schlichtem Linnen an. Heut trägt sie Sammet und Galoschen! Es ist ihre Zeit....

Denn es ist jetzt anders geworden, besser geworden! Sie wohnt nicht mehr in ihrer Hütte. Man hat ihr den Gutsherrnhof geschenkt, wo die Wände rot und blau und grün gemalt sind und Vorhänge drin weiß schimmern und Spiegel hangen. Und eine Uhr ist da, die jede Stunde kuckuckt. (Pater Zenobius, der Dorfgeistliche, hatte recht. Er hatte diesen Segen früher schon der Wassilowa zugewiesen.) Den Gutsherrn, heißt es, haben sie samt mit seinem Pächter durchgepeitscht und davongejagt. Manche behaupten, man hätte sie aufgehängt. Sicher ist das nicht. Man weiß nur, daß von beiden bis auf den heutigen Tag jede Spur verwischt und verschwunden ist. Sie waren Verräter an Rußlands Sache! Das steht einmal außer Zweifel, denn die Wassilowa hatte es so ausgesagt. Und sie mußte es ja wissen! Die Wassilowa wußte gar zu Vieles, und seitdem die Russen dank ihrer Aussagen einen Bauern und einen Juden öffentlich gehenkt hatten, war der Wassilowa vor Machtbewußtsein ein Kropf gewachsen.

Es ist wahr. Sie war mit Leschko, dem Stadtrat, verschwägert, mit Steckow, dem Pferdedieb, befreundet und mit der Richterswitwe Wanska fast auf du geworden und hielt gelegentlich, wenn sie in der Stadt war, vor Mendl Gaslens „Lager“, wohin man Bettzeug, Wäsche, Pelze, Gold, Silber und anderes aus verlassenen Wohnungen „rettete“. Mendl wohnte hinter dem Bordell und war der einzige,

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Hermann Sternbach: Wenn die Schakale feiern. Weckruf-Verlag, Weimar 1917, Seite 28. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:SternbachWennDieSchakaleFeiern.pdf/32&oldid=- (Version vom 1.8.2018)