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seine Lüge und daß er dadurch den Menschen in sich und in einen anderen gekürzt.

Es begann schon zu dunkeln, denn der Wintertag war wie ein Greisenschritt so winzig geworden. Der Schnee guckte mit seinen glitzernden Katzenaugen ins Dämmer. Die Zaunpflöcke vor dem Haus trugen aus ihren Häuptern weiße, ragende Bischofsmützen.

Schulim und der Soldat schwiegen.

Da hörten sie von der Straße her ein Schreien, ein herzzerreißendes Weinen und ein Singen dazwischen. Beide traten sie ans Fenster und sahen, wie zwei Kosaken einen Mann schleppten und seinen Rücken mit Nagajkas belegten und von Zeit zu Zeit die Nagajka nach rückwärts schwenkten, um das jammernde Mädchen, das diesem Mann folgte, davonzujagen. Der Mann aber hopste zuweilen und sang dabei. Man merkte es gleich: er war nicht bei Sinnen.

Der Uhrmacher erstarrte zu Eis. Er erkannte den Geschleppten. „Das ist Welwale –“ sagte er zu sich. „Dem haben sie sein Kind geschändet und den Verstand geraubt und schleppen ihn jetzt zu den Schanzen –“ ergänzte er laut.

Der Soldat schnellte empor, wie wenn ihm der Böse in die Glieder gefahren wäre.

„Antichristen! Schakale – schrie er. – Ich schlag’ sie tot.“

Sein Gesicht ward mit einem Mal von einer lohenden Röte überzogen. Er reckte sich, befühlte seinen Gurt, ergriff die Kappe – und mit einem Satz war er fort.

Empfohlene Zitierweise:
Hermann Sternbach: Wenn die Schakale feiern. Weckruf-Verlag, Weimar 1917, Seite 47. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:SternbachWennDieSchakaleFeiern.pdf/51&oldid=- (Version vom 1.8.2018)