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einreden zu wollen, daß sich noch alles zum Alten kehren werde.

Wie nun Wolf Schächtel auch den halbverkümmerten Kirschenbaum vor dem Fenster sein Dutzend Blüten auf sich nehmen sah, war’s ihm im Herzen auch ein wenig hell geworden. Und er hatte diese Nacht einen leichten, ruhigen Schlaf – – –

An einem der nächsten Morgen – um die Mitte Mai war es – bemerkte er, wie in den bis nun so leicht hinlebenden Russentrubel ein flauer Ton gefallen war. Er erschwerte den Pulsgang der Straßen. Sie sahen heut anders aus, und die Zahl der zivilen Kosakenkolpaks war geringer geworden. Sonst wimmelte es auf den Straßen davon und jeder Mitgänger trug seine Gesinnung höher als der andere. Sie waren heut alle ernster und redeten hastig und gedämpft. Und Lawecki, der sich vor Lachen kugelte, wenn er sah, wie so komisch ein Menschenrücken unter dem Sausen der Nagajka sich wand und krümmte, war tiefsinnig geworden und erwiderte jeden Judengruß höflich und voller Würde.

Es war etwas faul unter ihnen. Die vom „Maly rynek“ wußten es ganz genau! Sie raunten einander ins Ohr: „Ein Rückzug. Scha!“

Es ist im Laufe der Zeit so manches gesprochen und getuschelt worden und im Worte geblieben. Diesmal aber sah es anders aus.

Gegen Mittag war die ganze Stadt von Menschen überschwemmt. Bauern von der Umgegend und den Karpathendörfern waren in unübersehbaren Mengen mit Kind und Rind und allem, was sich nur davonschleppen

Empfohlene Zitierweise:
Hermann Sternbach: Wenn die Schakale feiern. Weckruf-Verlag, Weimar 1917, Seite 53. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:SternbachWennDieSchakaleFeiern.pdf/57&oldid=- (Version vom 1.8.2018)