Seite:Ueber die Gemüthsbeschaffenheit des regierenden Fürsten von Wied-Neuwied.pdf/13

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
'Ueber die Gemüthsbeschaffenheit des regierenden Fürsten von Wied-Neuwied': Ueber die Gemüthsbeschaffenheit des regierenden Fürsten von Wied-Neuwied

gewisse Ehstandsgeschäfte mit ihrem Manne triebe, und sezte das arme Weib in die äußerste Verlegenheit. Reisenden gab er den Auftrag, in großen Bibliotheken nachzusehen, ob nicht die alten orientalischen Völker mit ihren Weibern ganz entkleidet zu Bette giengen. Sein Lieblingsbuch in der Bibel war das hohe Lied Salomons, weil der Geist der darin athmet, so ganz mit den seinigen übereinstimmte. Einem Briefe kann ich nicht anvertrauen, was ich über die unglüklichen Auswüchse der wollüstigen Imaginazion des Fürsten weiß, und gewiß weiß, weil ich von einem Manne belehret bin, welchem der verstorbene Fürst alle diese traurigen Geheimnisse mitgetheilt hat. Diese Stimmung, verbunden mit einer, wie natürlich, immer zunehmenden Schwäche, ist denn die einzige Ursache der Disharmonie zwischen ihm und seiner vortreflichen Gemahlin. Da Küchenkünste, wodurch er die träge Mannheit hervorzulokken, oder die halb erstorbene wieder auf einige Minuten ins Leben zurük zu rufen suchte, anfiengen, fruchtlos zu werden; so that er an diese Gemahlin Forderungen von so niedriger Art, daß sie dieselben, und das mit dem herzlichsten Beifalle von Seiten seiner eignen Aeltern, mit Schauder von sich wälzen mußte.

In dieser Noth faßte er den Entschluß, eine Beischläferin zu halten, und sein Reitknecht, welchen er ausgesandt hatte, um ihm eine zu wählen und zu bringen, brachte ihm die Tochter eines Scharfrichters.

Unglüklich fiel freilich dieser erste Versuch aus, denn die Undankbare lohnte dem Fürsten ihre Standeserhöhung schlecht, indem sie ihm eine unreine Krankheit mittheilte, womit die Befriediger ihrer durch ihn nur gereizten Begierden sie beschenkt hatten.

Es ist auffallend, daß der sonst so ängstlich scrupuleuse Fürst in dieser Lieblingsleidenschaft nun alle Schranken niederreißet, die seinen Begierden hinderlich sind.