Seite:Ueber die Gemüthsbeschaffenheit des regierenden Fürsten von Wied-Neuwied.pdf/14

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
'Ueber die Gemüthsbeschaffenheit des regierenden Fürsten von Wied-Neuwied': Ueber die Gemüthsbeschaffenheit des regierenden Fürsten von Wied-Neuwied

Daß nun sein Gehirn, an welches Edikt über Edikt ergieng, das erloschene Feuer des Körpers aufzuschüren, ob der schröklich ermattenden Arbeit ganz erschöpft wurde, und für jede andre Thätigkeit sich todt oder verworren zeigte, war nothwendige Folge.

Auch betrug er sich in allen seinen Verhältnissen als ein bedaurungswürdiger, unglüklicher Mann.

Seine Gemahlin haßte er, weil ihre edle und feine Seele sich mit keinen Unflätereyen vermählen konnte, und sein Haß gegen sie war so brennend, daß er einem seiner auswärtigen Bekannten schrieb, es würde nach dem Tode seines Vaters sein erstes Geschäfte sein, mit dem Stokke in der Hand in ihr Zimmer zu eilen, und sie zu prügeln.

Seinen ehelichen Kindern begegnete er mit unnatürlicher Kälte, weil die Wärme seines Herzens von andern Gegenständen verzehrt wurde. Es ist eine durch gedrukte Akten bekannte Thatsache, daß, nach dem Tode des alten Fürsten, einer der jungen Prinzen einmal durch Schuld des Vaters aus Mangel von Beinkleidern das Zimmer hüten mußte, während daß der Sohn seiner Maitresse einen Bedienten hat, und beinahe prinzlich verpflegt wird. Einer seiner Plane war, seinen ehelichen Söhnen Bauerngütchen zu kaufen, sie darauf zu sezen, und da ihre schönen Anlagen zu künftigen nüzlichen Staatsbürgern zu vergraben.

Sein Vater machte häufige Versuche, ihn durch Unterredungen, durch Mittheilung von Akten, und den Votis der Glieder der verschiedenen Dikasterien, endlich dadurch, daß er ihn in wichtigen Angelegenheiten den Sessionen beiwohnen ließ, welche er mit seinen Räthen hielt, zu seiner künftigen Bestimmung vorzubereiten, allein auch dieses Mittel schlug fehl, weil er alle Gegenstände mit kranken Augen des Geistes beleuchtete. Immer schob sich eine Queridee vor, die ihn hinderte, die Hauptsache so zu sehen, wie sie jeder vernünftige Mensch