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'Ueber die Gemüthsbeschaffenheit des regierenden Fürsten von Wied-Neuwied': Ueber die Gemüthsbeschaffenheit des regierenden Fürsten von Wied-Neuwied

sehen mußte. Auch an den unbedeutendsten Dingen sties sich seine Seele. – So hielt er, zum Beyspiele, das oft unvermeidliche Antidatiren eines Briefes für Sünde, so die gewöhnliche Unterschrift eines Reichsgrafen in Briefen, oder Bittschriften an Kaiserliche Majestät für Sünde, und ließ voraussehn, daß er einst auch durch solche Kleinigkeiten dem Gange der Geschäfte die schädlichsten Hindernisse in den Weg legen würde.

Die von Wollust und Skrupeln unbesezten Stunden, füllte er mit landökonomischen Versuchen, mit Aushekkung von Planen für die Zukunft, ja zu Zeiten mit Aussinnung kleiner Handlungsspekulazionen aus, allein auch diese Versuche seines Geistes gaben wenig tröstliche Aussichten. Er bebaute ein von der Kammer gepachtetes Guth, aber so unglüklich, daß er verschiedene male dabey banquerot machte. Einer seiner Lieblingsplane war, einst Waldungen auszurotten, das bewurzelte Erdreich unter unverheirathete Bauern und Bauernmädchen auszutheilen, sie zu verheirathen, durch Befriedigung eines ihm so süßen Naturtriebes glüklich zu machen, und so das Gebiet des moralischen Reiches Gottes zu erweitern. Das war eine lachende Idee für sein Herz. Freylich bedachte er dabei die Schwierigkeiten der Urbarmachung eines solchen Waldstükkes nicht, auch fiel ihm nicht ein, daß 22000 Rthl., welche das trefflich verwaltete Forstwesen dem fürstlichen Hause jährlich einträgt, bei dessen großer Schuldenlast keine Kleinigkeit sind.

Ein andres Plänchen gefiel ihm so sehr, daß er es der Welt in einer brochure mittheilte. Er glaubte nemlich ganz fest, daß er durch gewisse Armenanstalten, die er sich dereinst zu stiften vorsezte, selbst sehr reich werden würde. Gelesen hab’ ich das Ding. Von seinem innern Werthe brauche ich dir wol nichts zu sagen.

Die Handlungsspekulazionen geriethen auch nicht besser. Ein Pröbchen nur davon! Er schikte eine Anzahl