Seite:Ueber die Gemüthsbeschaffenheit des regierenden Fürsten von Wied-Neuwied.pdf/16

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
'Ueber die Gemüthsbeschaffenheit des regierenden Fürsten von Wied-Neuwied': Ueber die Gemüthsbeschaffenheit des regierenden Fürsten von Wied-Neuwied

alter, ausgemergelter Pferde nach Paris, in der gewissen Hoffnung, sie dort mit großem Vortheile zu verkaufen. Der Knecht, welcher sie transportirte, hatte nicht Geld genug, die Pferde hatten das Fasten nicht gelernt, einige sollen krepirt sein, andre mußten verkauft werden, um die noch lebenden und den Knecht zu füttern, kurz der lezte kam mit leerem Beutel zurük, und glüklich war das gewiß, weil der Fürst sonst gereizt worden wäre, ins grosse zu handeln, und den Finanzen des Hauses dadurch völlig die Auszehrung zu geben.

So war denn beinahe alle sein Thun und Lassen mit einem Stempel bezeichnet, für welchen ich keinen Namen weiß. Ich sage: beinahe alle sein Thun und Lassen, denn gewiß ist es, daß er oft, wenn er seine Kräfte zusammen raffte, einen ziemlich dichten Flor vor die dunkeln Gewölke in seinem Kopfe zu ziehen wußte, und viele Menschen blendete, die von der Natur mit keinem sehr durchdringenden Auge begabt waren. Er ist höflich, weiß manches gesehene und gelesene ganz artig zu erzählen, er hat (versteht sich an heitern Tagen, besonders in Gegenwart von Fremden, wo er sich anstrengt) einen ganz erträglichen Wiz, ja er spielt sogar gut Schach. Warlich genug für einen Fürsten, um eine Menge Lobredner seines Geistes zu finden. Allein den Menschenkenner konnte er niemals irre machen, denn immer nahm sein Ideengang eine auffallend eigne Richtung, und, sobald das Gespräch einen Augenblik stokte, kehrte er wieder in sich selbst zurük. Das Auge bekam seinen alten, verwirrten Blik, die Stirne runzelte sich, der Flor fiel ab, und man sah, daß Finsternis das Element dieses Geistes war, und die manchmal durchbrechenden Lichtfunken ein bloßes Welterleuchten.

Das sah niemand mit mehr Klarheit ein, als sein großer Vater. Aber – wie viele tiefe Seufzer, wie viele heiße Thränen preßte das dem starken, auch in den