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'Ueber die Gemüthsbeschaffenheit des regierenden Fürsten von Wied-Neuwied': Ueber die Gemüthsbeschaffenheit des regierenden Fürsten von Wied-Neuwied

Seine Art zu leben machte nicht nur alle Bemühungen seiner Leibes- und Seelenärzte scheitern, sondern vergrösserte das Uebel von Tag zu Tag. Heisse Zimmer, worin er oft Wochen lang eingeschlossen war, übel gewählte, besonders erhizende Speisen, stetes Brüten der Einbildungskraft über Bildern der Wollust, welches ihn, nach seinem eigenen Geständnisse, auch in der Ehe, zu häufigen stummen Sünden verleitete, das alles zerstörte seine Gesundheit immer mehr, und schwächte den mit Crudidäten angefüllten Unterleib, der dann wieder an dem Kopfe für das ihm zugefügte Uebel schwere Rache nahm.

Dieser Kopf hekte nun, besonders bei feuchter Frühjahrs- und Herbstwitterung die sonderbarsten Skrupel aus, Skrupel, bei deren Anhörung es kaum möglich ist, sich bei allem Mitleiden, des Lachens zu enthalten.

Ihrer Originalität wegen will ich Dir einige mittheilen, welche er an die Prediger der Grafschaft und andre Gelehrte zu gewünschter Widerlegung geschikt hat.

1ster Skrupel.

„Ach Gott! wie unglüklich bin ich!“ (mit einem solchen Jammerausrufe fangen oft die Skrupel an, die er seinen auserwählten Gewissensräthen zuschikt). „Folgende Ideen machen mich höchst elend:

Wer gesund ist, heurathet gerne, wer heurathet, verrichtet die eheliche Pflicht, wer das thut, zeugt Kinder, Kinder essen und trinken, wer ißt und trinkt urinirt, Urin enthält Salpeter, Salpeter von der Sonne angezogen steigt in die Luft, Salpeter in der Luft vermengt mit andern brennbaren Theilen, erzeugt Gewitter, Gewitter erschlagen Menschen – wer also heurathet, wird ein Mörder, ein Mörder aber kann