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Wilhelm Löhe: Epistel-Postille für die Sonn- und Festtage des Kirchenjahres

Apostel Beispiel dienen sollen. Da geht dann freilich in den Vorhof des Himmels, in die sichtbare Kirche mancher ein, der kein hochzeitliches Kleid anhat, und manchen wird der HErr, wenn Er kommen wird, aus der Gemeinschaft der Seinen und von den Pforten des ewigen Hochzeitsaales hinwegweisen. Die Schuld aber, daß solche Menschen sich eingedrungen haben und noch eindringen, muß nicht nothwendig an den Lehrern liegen und an den Täufern, so viel auch diese sündigen können, sondern sie ist zu allernächst in den Herzen der Proselyten selbst zu suchen. Die Kirche verfährt mit besonnener Mildigkeit, – wo es hingehört, mit liebevoller Strenge; immer aber bescheidet sie sich göttliche Grundsätze in göttlicher Weisheit nicht anwenden zu können. Auf diese Weise bleibt Petri Wort und Petri Verhalten vereinbar. Dem aber, der Christo nahet, wird durch Petri Wort und Cornelii Beispiel, die ernste österliche Mahnung zu Theil, den Sauerteig aus dem eigenen Herzen auszufegen, die Bahn der Lauterkeit und Wahrheit zu gehen.

 So hätten wir denn, meine lieben Brüder, gesehen und erkannt, wie Gott die Person nicht ansieht, dennoch aber bei allen, die zu Ihm kommen, auf redliche Buße, auf Lauterkeit und Wahrhaftigkeit sieht. Wenn uns der erste Theil unseres Vortrags, so unwerth er auch des Textes ist, die österliche Botschaft bringt vom Frieden Gottes in Christo JEsu, dem Gekreuzigten und Auferstandenen, so zeigt uns der zweite Theil die österliche Beschaffenheit aller, die zu Christo kommen wollen. Gestern gab uns die Epistel einen Blick in die österliche Zucht bestehender Gemeinden; heute gibt uns die Epistel Licht über das österliche Catechumenat entstehender Gemeinden. So erscheint neben dem verklärten Christus die sich verklärende Gemeinde, um den auferstandenen Leib des HErrn her die große Schaar geistlich auferstandener Christen. Auf uns aber dringt die mächtige Vermahnung ein, auf uns, die längstgetauften, hinter dem Cornelius nicht in Gottesfurcht und Gerechtigkeit zurückzutreten, nicht im Stande der Gnaden weniger Beweis von Buße und Lauterkeit zu geben, als Cornelius im Stande der Vorbereitung gegeben hat, uns nicht immerfort durch diesen Heiden beschämen zu laßen. Nicht immerfort, sage ich, denn für viele wird allerdings bisher das Beispiel dieses Heiden beschämend gewesen sein. Er erscheint, obwohl noch nicht getauft, gottesfürchtiger und gerechteren Lebens, als die meisten getauften Christen. Sein Gebet und Almosen kam vor Gott, während unsere armen Gebete und Almosen vielleicht den Weg durch die Wolken nicht finden. O daß nur vor allen Dingen unsere jetzige späte Christenbuße dem HErrn gefällig würde, und wir endlich, ehe wir gar von hinnen fahren, dem verklärten Christus, der so lange schon auf uns wartet, in österlicher Lauterkeit und Wahrheit begegnen möchten. Amen.




Am Sonntage Quasimodogeniti.

1. Joh. 5, 4–10.
4. Denn alles, was von Gott geboren ist, überwindet die Welt; und unser Glaube ist der Sieg, der die Welt überwunden hat. 5. Wer ist aber, der die Welt überwindet, ohne der da glaubet, daß JEsus Gottes Sohn ist? 6. Dieser ist es, der da kommt mit Waßer und Blut, JEsus Christus, nicht mit Waßer allein, sondern mit Waßer und Blut. Und der Geist ist es, der da zeuget, daß Geist Wahrheit ist. 7. Denn drei sind, die da zeugen im Himmel: Der Vater, das Wort und der heilige Geist: und diese drei sind Eins. 8. Und drei sind, die da zeugen auf Erden: Der Geist und das Waßer, und das Blut; und die drei sind beisammen. 9. So wir der Menschen Zeugnis annehmen, so ist Gottes Zeugnis größer; denn Gottes Zeugnis ist das, das
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Wilhelm Löhe: Epistel-Postille für die Sonn- und Festtage des Kirchenjahres. Samuel Gottlieb Liesching, Stuttgart 1858, Seite 250. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6he_-_Epistel-Postille.pdf/258&oldid=- (Version vom 1.8.2018)