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viel in Gottes Wort gelesen hätte, allein das war nicht der Fall gewesen. Maria konnte nicht lesen, und vorlesen hörte sie nichts wegen ihrer großen Einsamkeit. Mit dem wenigen, was sie wußte, hatte sie die langen siebenundvierzig Jahre hausgehalten, der Tropfen ihres Waßers hatte zum Quell werden müßen, wie sich das auch bei andern ähnlichen Lebensläufen findet. Die nachhaltende und sich selbst immer erneuende Kraft des göttlichen Wortes erzeigte sich in ihr als in einem mächtigen Beispiel. „Gott kann dem Menschen Verstand geben,“ sagte Maria in diesem Sinne dem Zosimus. Die Büßerin, welche ja wohl an dem alten Mönche während des Gespräches steigende Verehrung inne werden mochte, sorgte nach Weise der Einsiedler, sie möchte im stillen Gang ihres Lebens gestört werden, wenn ihre Geschichte kund würde, und bat daher ihren neuen Freund, von ihr zu schweigen, bis ihr Lebenslauf geschloßen sein würde. Er möchte aber desto ernstlicher für sie beten. „Du hast eine Gewohnheit, sagte sie, zu Anfang der Fasten vom Kloster wegzugehen; thue es das nächste mal nicht, wolle es auch nicht, denn du wirst es nicht können, auch wenn du willst. Bring mir aber am grünen Donnerstag den

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Wilhelm Löhe: Rosen-Monate heiliger Frauen. S. G. Liesching, Stuttgart 1860, Seite 117. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6he_-_Rosen-Monate_heiliger_Frauen.pdf/137&oldid=- (Version vom 9.10.2016)