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sondern ihre Gedanken möglichst auf der Bahn der Andacht zusammenzuhalten. Dieser Charakter, Einseitigkeit zu vermeiden, und scheinbar sich widersprechende Tugenden in sich zu vereinen, – man möchte ihn einen Charakter des rechten Maßes nennen, – bewährte sich bei ihr auch in böser Zeit. Ihr Gemahl starb, nachdem er Wilhelm, dem Eroberer, das englische Königreich hatte erobern helfen, und ließ sie zu einer Zeit als Wittwe zurück, wo ihr die Erziehung ihrer Kinder und deren Versorgung besonders große Noth und Verlegenheit bereiten konnte. Aber auch da verlor sie den Muth nicht; sie blieb sich selbst getreu trotz der ungewohnten Last, sorgte für ihre Kinder, aber nicht weniger für ihre Seele, für die Kirche und für die Armen. Um der Wohlthätigkeit gegen die letzteren so uneingeschränkt wie vorher leben zu können, bedurfte sie neue Mittel; daher reiste sie persönlich nach Lothringen und Deutschland und verkaufte Güter, die ihr mit ihrem väterlichen Erbe zugefallen waren. Wir sehen also an ihr eine ebenso dem stillen Leben des Gebetes, als der praktischen Thätigkeit hingegebene Wittwe, und wenn wir nun etwa geneigt sein wollten, zu vermuthen, daß ihr bei einer solchen Energie gegen sich und für andere

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Wilhelm Löhe: Rosen-Monate heiliger Frauen. S. G. Liesching, Stuttgart 1860, Seite 122. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6he_-_Rosen-Monate_heiliger_Frauen.pdf/142&oldid=- (Version vom 9.10.2016)