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nämlich geträumt, sie stehe auf einem langen Richtscheite, neben ihr aber ein strahlender Jüngling, der von ihr die Ursache ihres Kummers erforschte und alsdann sprach: „Wo du stehst, steht dein Sohn auch.“ Der übermüthige Sohn versuchte es zwar, der Mutter den Trost dadurch zu nehmen, daß er sagte, es könnte ja auch die Mutter werden wie er, dann ständen sie auch beisammen auf Einem Richtscheit; aber Monika wußte ihm zu entgegnen. „Nein, nein, sagte sie, es hieß nicht, wo du stehest, stehe auch ich, sondern wo ich, da stehest auch du.“ Solch gute Hoffnung haben die Eltern oftmals von Kindern, über welche andere bereits den Stab gebrochen und das Herz von ihnen abgewendet haben, und es ist in solcher Hoffnung sehr oft keineswegs elterliche Schwachheit, sondern eine Art göttlicher Anregung und göttlichen Trostes, denn die Eltern behalten oftmals gegenüber der ganzen Welt und ihrer falschen Deutung Recht. Jedoch wurde es Monika schwer genug, die Verkehrtheit ihres Sohnes noch neun Jahre lang mit anzusehen. Es gieng nicht ohne viel Seufzer und Thränen ab, und sie sprach viele Christen und berühmte Beter unabläßig um die Fürbitte für ihr Kind an. Ein Bischof, der, früherhin

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Wilhelm Löhe: Rosen-Monate heiliger Frauen. S. G. Liesching, Stuttgart 1860, Seite 140. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6he_-_Rosen-Monate_heiliger_Frauen.pdf/160&oldid=- (Version vom 9.10.2016)