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der ihrer Zeit. Sie zog sich völlig, und zwar schon 352, von dem äußeren Leben zurück und nahm aus der Hand des Bischofs Liborius von Rom den Schleier, wie es zu jenen Zeiten so viele heilige Jungfrauen zu thun pflegten. Sie übte Enthaltsamkeit und Abtödung; sie suchte ein von uns kaum gekanntes, aber doch wahrhaftiges Glück, das des Stillschweigens, sie lebte der Andacht in und außerhalb den öffentlichen Versammlungen. Als ihr der Bischof von Rom den Schleier reichte, ermahnte er sie zu dem allen und stellte ihr als Beispiel des Eifers jenen heidnischen Edelknaben Alexanders des Großen vor, der beim Opfer die Fackel zu tragen hatte, sich aber lieber von dem herabträufelnden heißen Wachs die Hand bis auf den Knochen verbrennen ließ, als daß er auch nur durch ein Wegstreifen des Wachses von seiner Hand die Feier hätte unterbrechen mögen. Es war wie wenn Marcellina nach diesem Beispiel christlich lebte, sie zwang und kasteite sich dermaßen, daß ihr Ambrosius Einhalt thun mußte. Da sie nun aber dem Rathe und der Ermahnung ihrer Freunde rücksichtlich der leiblichen Kasteiung nachgab, verdoppelte sie dafür ihren Eifer der Andacht und der Betrachtung, die Inbrunst ihres

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Wilhelm Löhe: Rosen-Monate heiliger Frauen. S. G. Liesching, Stuttgart 1860, Seite 206. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6he_-_Rosen-Monate_heiliger_Frauen.pdf/226&oldid=- (Version vom 9.10.2016)