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wenigen Jahren über ganz Italien und Deutschland aus; die Töchter aller Stände, auch der höchsten, freuten sich, unter einer Oberin, wie Clara, gemeinsam zu leben, zu beten und zu arbeiten. Clara hatte die große Freude, daß allmählich auch ihre Schwestern und ihre Mutter sich ihr zu gemeinschaftlichem Leben anschloßen. Sie selbst war auf das eifrigste beflißen, allen ihren Genoßinnen voranzugehen in Weltentsagung, Armuth und Arbeit; sie hatte es recht eigentlich darauf abgesehen, unter den Geringen die Geringste zu sein. Ihr Schlaf dauerte nur wenige Stunden, ihre Bette war ein Sack mit dürrem Rebenholz, ihr Kopfkissen ein Holzblock, ihr Kleid ein rauh härenes Gewand, ihre Fußbekleidung keine. Oefters krank pflegte sie auch in ihrem Bette zu arbeiten, besonders zu spinnen. Sie spann und bereitete ganz feine Leinwand zu fünfzig Paar Corporalien, welche sie in Beuteln von Seide und Purpur den armen Kirchen in den Thälern von Spoleto und jenen in den Gebirgen Asiens sandte. Sie war eine berühmte Beterin, die oft merkwürdig erhört wurde. Einst in der Christnacht, tief betrübt daß sie sich Krankheits wegen den Lobgesängen nicht anschließen konnte, rief

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Wilhelm Löhe: Rosen-Monate heiliger Frauen. S. G. Liesching, Stuttgart 1860, Seite 244. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6he_-_Rosen-Monate_heiliger_Frauen.pdf/264&oldid=- (Version vom 9.10.2016)