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am 14. oder 15. August 860. Ihr Leben ist ein Rückzug aus der Welt in die Stille, eine standhafte Bemühung, das als höchstes Glück in der Zeit zu suchen, was von andern als Unglück und Langeweile des Lebens geflohen wird, nemlich die tiefe, abgeschiedene Stille. Der Betrachtung einer andern Welt zugekehrt, fand sie den Glanz derselben so reizend und anziehend, daß sie nur von ihm und für ihn leben wollte. Unthätig war sie deshalb nicht; in jenen alten Zeiten wußte man gar wohl, daß die niederen Kräfte beschäftigt sein müßen, wenn der Flug der höheren Kräfte zur Ewigkeit recht gedeihen soll. Aber allerdings das innerlich stille abgeschiedene Leben, welches man damals mit Recht so hoch schätzte, war auch von Athanasia geschätzt und gesucht, und wer sie deshalb tadeln will, der muß, um nicht ungerecht zu sein, vor allen Dingen mit ihr eins werden in dem, worin sie Recht hat. Hat man jenesmal die Abgeschiedenheit und Stille des Gemüthes zu hoch geachtet, so achten wir sie jetzt ohne Zweifel zu gering. Wir misachten, was wir nicht kennen, denn wir kennen allerdings den Segen und das Glück eines stillen innerlichen Lebens nicht, weil wir es nie gehabt und nie geübt

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Wilhelm Löhe: Rosen-Monate heiliger Frauen. S. G. Liesching, Stuttgart 1860, Seite 251. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6he_-_Rosen-Monate_heiliger_Frauen.pdf/271&oldid=- (Version vom 9.10.2016)