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haben; denn das ist gewislich wahr, daß nur die eigene Erfahrung die richtige Beurtheilung einer Erfahrungssache lehren kann. Wollen wir daher gegenüber Athanasia und andern Recht behalten, so müßen wir ihr erst in einem gewissen Maße ähnlich werden. Sehr häufig haben wir die bestimmteste Einladung Gottes zur Einsamkeit und Stille, nemlich durch unverkennbare, ja unvermeidliche Fügungen; wir sollten ihnen folgen und das Glück der Stille ergreifen; kein Mensch könnte sagen, daß wir damit selbsterwählte Wege giengen; jedermann würde es für Tugend erkennen. Dennoch widerstreben wir auch dann, nichts weniger wollen wir erkennen, als die Einladung Gottes zur stillen Ruhe der Seelen. Unsere Gedanken mögen sich aus der Mannigfaltigkeit zur reichen Einheit nicht sammeln laßen, und wir gehen lieber in selbsterwählter Zerstreuung hin bis in den Tod, als in gottgewollter Sammlung. Damit sind wir aber auch gestraft, wie sich’s gebührt; unsere Strafe liegt, wie in tausend anderen Fällen, in unserer eigenen Wahl.




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Wilhelm Löhe: Rosen-Monate heiliger Frauen. S. G. Liesching, Stuttgart 1860, Seite 252. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6he_-_Rosen-Monate_heiliger_Frauen.pdf/272&oldid=- (Version vom 9.10.2016)