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in die Welt gebracht hat. Eine Umwandlung ist in ihr geschehen, welche sich nicht ungeschehen machen läßt, die Mittel elterlicher und verwandschaftlicher Überredung und versuchten Zwanges gleiten ab, wie ein schwanker Fuß vom glatten Eis. Thekla ist für diese Welt gestorben; die Ihrigen haben von ihr so wenig, als läge sie im Grabe, da sie ihr Leben nicht faßen können. Unaufhaltsam wandelt sie ihrem Lehrer Paulus nach. Ihr reichgebildeter, schon während ihrer heidnischen Jugend durch allerlei Wißenschaft für das Höchste vorbereitete Geist fand in den Worten des Apostels die Nahrung und das Leben, das ihr keine Philosophie der Griechen bieten konnte. Es mag um das Jahr 45 gewesen sein, da sie, ergriffen von dem ewigen Leben, alle Bande sprengte und dem aus ihrer Vaterstadt verjagten großen Lehrer Paulus nachfloh. Ihr Bräutigam ließ sie an allen Orten suchen, mußte sie aber auch dann für sich verloren geben, als er sie fand. Aus Rache soll er sie alsdann der verfolgenden Obrigkeit übergeben haben. Auf Befehl derselben wurde sie schändlich behandelt, im Amphitheater ihre leuchtende Schönheit dem ungezogenen Blicke der Heiden ausgesetzt; ihre Seele verhüllte sich mit der Liebe zu Jesu,

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Wilhelm Löhe: Rosen-Monate heiliger Frauen. S. G. Liesching, Stuttgart 1860, Seite 280. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6he_-_Rosen-Monate_heiliger_Frauen.pdf/300&oldid=- (Version vom 9.10.2016)