Seite:Wilhelm Löhe - Rosen-Monate heiliger Frauen.pdf/323

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

ihrem Gefängnis entlaßen, sich zum gemeinschaftlichen Leben mit den Schwestern bequemen. Der HErr aber nahm sie bereits nach 14 Tagen aus der Welt.

.

 Leserin, so büßt heutzutage keine Margaretha und keine Thais mehr. Große Sünden, namentlich gegen das sechste Gebot, pflegen alle Buße zu tödten; es scheint, wie wenn mit der Scham die Fähigkeit zur Buße erstürbe. Thut man auch Buße, so will man schnell zu Gnaden angenommen werden. Dienerinnen des Lasters, die viele Jahre lang der Lust gefröhnt haben, glauben empfindlich, ja trotzig sein zu dürfen, und halten sich für berechtigt zu Klagen und Vorwürfen, wenn ihnen nicht auf die erste laue Beichte eine schnelle und volle Absolution gesprochen wird. Ihre Buße ist kurzen Athems; kaum geboren muß man sorgen, sie ersterbe; schnell muß man trösten, wenn man trösten will. Thut man’s, so gibt es kein kräftiges Gewächs des Glaubens: unterläßt man’s, so wächst vielleicht gar nichts, und die winzige Bewegung im Inneren der Seele stirbt dahin, wie etwa ein schwächliches Kindlein jämmerlich geboren wird, ärmlich und kaum vernehmlich weint und wieder stirbt. Ach wir armen, schwächlichen Spätlinge, die wir Verstand

Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Löhe: Rosen-Monate heiliger Frauen. S. G. Liesching, Stuttgart 1860, Seite 303. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6he_-_Rosen-Monate_heiliger_Frauen.pdf/323&oldid=- (Version vom 9.10.2016)