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das Sakrament in der Kirche und legte sich erst dann, um nicht mehr wieder aufzustehen. Am 1. Oktober beichtete sie, und da ihr Beichtvater sie ermahnte zu beten, daß sie noch nicht abgerufen würde, legte sie antwortend sich im Gegentheil voll Ergebung in die Hände des HErrn und nahm von ihren Klosterfrauen Abschied. Am 3. Oktober fühlte sie eine solche Schwachheit, daß sie noch einmal das Sakrament des Altars begehrte. Da sie zum Empfang auf ihren Betstuhl niederkniete, war es, als zöge sie noch einmal neue Kraft an; die Freude am Sakramente wurde ihre Stärke, und sie nahm es mit begeisterten Worten der Hoffnung, nunmehr den HErrn bald von Angesicht sehen zu dürfen. Bis sie die Sprache verlor, wiederholte sie die Psalmenworte: „Ein geängstetes und zerschlagenes Herz wirst du, Gott, nicht verachten.“ Ihr Todeskampf dauerte lange. Als sie am Morgen des 4. Oktober in großer Schwäche ihr Haupt auf den Arm einer Gefährtin legte, blieb sie in dieser Lage bis Abends 9 Uhr unverrückt, indem ihre Augen fest auf einem Crucifix hafteten, das sie in den Händen hatte. In der Nacht vom 4. bis zum 5. Oktober 1582 entschlief sie in einem Alter von 67 Jahren.

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Wilhelm Löhe: Rosen-Monate heiliger Frauen. S. G. Liesching, Stuttgart 1860, Seite 315. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6he_-_Rosen-Monate_heiliger_Frauen.pdf/335&oldid=- (Version vom 9.10.2016)