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Geld und Gut verschenkt hatte. Dafür sollte sie die Bitterkeit der Armuth schmecken. Ein bitterer Kelch? Aber sie trank ihn, sie gieng in die von ihr gegründete Franziscanerkirche und bat die Geistlichen, in tiefer Nacht dem Gott ein Tedeum zu singen, der zuließ, daß man ihr alles nahm. Sie irrte nun mit ihren Kindern, mit ihren Dienerinnen Guda und Ysentrud von Haus zu Haus. Niemand nahm sie auf, bis endlich einer ihr einen (neuen) Schweinstall öffnete. Dahinein lernte sie ihre Kinder betten, weil ja Christus, der HErr, auch in einem Stall gelegen war. Sie war eine Wohlthäterin des Landes, und das ganze Land wandte sich von ihr. Eine von den Bettlerinnen, deren sie so viele Tausende gespeist und gekleidet hatte, gieng so weit, einmal, da die Fürstin in der Nähe eines schmutzigen Grabens gieng und den Weg darüber suchte, ihr einen Stoß zu versetzen, daß sie der Länge nach hineinfiel. Sie half sich heraus und wusch die Kleider am nächsten Brunnen. Das Elend war zu groß, als daß es hätte lange dauern können. Die Aebtissin von Kitzingen, ihre Muhme, öffnete ihr die Pforte und ihr Oheim, der Bischof zu Bamberg, nahm sie mit ihren Kindern auf und behandelte die treue Dulderin nach Stand und Würden.

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Wilhelm Löhe: Rosen-Monate heiliger Frauen. S. G. Liesching, Stuttgart 1860, Seite 336. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6he_-_Rosen-Monate_heiliger_Frauen.pdf/356&oldid=- (Version vom 9.10.2016)