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auf dem Wege zum ewigen Leben und der Vollendung unterwiesen zu werden. Der Erzbischof Adalbert von Magdeburg, die Aebte von Clugny, Majolus und hernach Odilo genoßen ihr ganzes Vertrauen. In der Leitung dieser Männer entwickelten sich je länger je mehr die glänzenden Tugenden der alten Kaiserin. Einmal, als Odilo bei ihr war, erhub sie ihre Augen mit Thränen zu ihm, neigte sich vor ihm, küßte sein Kleid und rief innerlichst bewegt: „Bete für mich, mein Sohn, und laß mich dem Gebete deiner Brüder empfohlen sein, denn wir sehen uns zum letztenmale.“ – Ehe sie von hinnen schied, löste sie noch eine große Aufgabe eines friedfertigen Gotteskindes. Sie reiste zu ihrem Neffen Rudolf von Burgund, und die Ehrwürdigkeit ihres greisen Alters in Verbindung mit der hohen Weisheit der alten Regentin stillte ihm die Stürme des Aufruhrs, welche sich wider ihn erhoben hatten. Allein die Mühseligkeit und Anstrengungen der Reise und des Geschäftes nahmen ihre letzten Kräfte dahin. Als sie am Todestage ihres Sohnes den Armen und Hilfsbedürftigen nach Gewohnheit eigenhändig Almosen austheilen wollte, fühlte sie sich so schwach, daß sie ihr Ende vermuthete.

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Wilhelm Löhe: Rosen-Monate heiliger Frauen. S. G. Liesching, Stuttgart 1860, Seite 371. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6he_-_Rosen-Monate_heiliger_Frauen.pdf/391&oldid=- (Version vom 9.10.2016)