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Kloster auf Monte Casino und ließ sich dahin von einer Anzahl seiner Mönche begleiten. Als nun Scholastica das letztemal in ihrem Leben mit ihrem Bruder zusammenkam, gieng der Tag mit Gottes Lob und geistlichem Gespräch dahin; die beiden verzehrten ihr Abendbrod; und nun bat die Schwester, wie wenn sie ihr baldiges Ende geahnt und gefühlt hätte, daß dieser Besuch der letzte wäre, ihren Bruder inständig, er möchte doch die Nacht bei ihr verweilen und sich mit ihr über die Seligkeit im ewigen Leben unterhalten. Benedikt schlug ihr das rund ab, weil es wider die Regel seines Klosters sei, eine Nacht außer demselben zuzubringen. Scholastica legte das Haupt in ihre Hände auf den Tisch, weinte heftig und flehte zum Herrn, daß er ihr doch beistehen möge, den harten Sinn des Bruders zu wenden. Da brach schnell ein mächtiges Wetter los; es blitzte und donnerte, und ein Platzregen fiel, daß Benedikt und seine Genoßen nicht mehr daran denken konnten, nur bis in ihr Kloster zu gehen. Der Bruder klagte über die Störung. „Gott möge dir verzeihen, sagte er zu Scholastica, was hast du gemacht?“ „Ich habe den HErrn angerufen, sagte Scholastica, und er hat mich erhört.“ So gieng denn die Nacht herum mit seligen

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Wilhelm Löhe: Rosen-Monate heiliger Frauen. S. G. Liesching, Stuttgart 1860, Seite 42. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6he_-_Rosen-Monate_heiliger_Frauen.pdf/62&oldid=- (Version vom 2.10.2016)