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zu (C′) zurück. Umgekehrt ist, soweit ich sehe, durch diese beiden Forderungen den Gleichungen (C) ihre Form vorgeschrieben. Die in ihnen auftretenden Vectoren könnten nur verändert werden durch Zusatzvectoren, welche Differentialquotienten der Geschwindigkeiten enthalten, d. h. mit anderen Worten: eine zulässige Verallgemeinerung von (C′), welche nicht mit (C) zusammenfällt, müsste, in der Form von Differentialgleichungen geschrieben, Differentialquotienten zweiter Ordnung enthalten. Wenn man solche Complicationen vermeiden will, so muss also jede Theorie – ihr Ausgangspunkt sei, welcher er wolle – die einmal im Specialfall formal zu (C′) geführt hat, für den allgemeinen Fall formal zu (C) führen.

Bestehen diese Schlüsse zu Recht, so muss sich ferner alles, was über die zweierlei Deutung der speciellen Gleichungen (C′) gesagt ist, auf die möglichen verschiedenen Deutungen der allgemeinen Gleichungen (C) übertragen: es entfiele jeder begrifflich fassbare Unterschied zwischen ihnen.

§ 6. Ein thatsächlicher Unterschied bleibt aber bestehen zwischen den Lorentz’schen Gleichungen und den meinigen, sobald man – was wir hier vermieden haben – auch die paramagnetischen und diamagnetischen Körper in den Kreis der Betrachtung zieht. Meine Gleichungen sind[1], wie die Hertz’schen, symmetrisch in den elektrischen und magnetischen Grössen, die Lorentz’schen sind es nicht.[2] Diess erscheint als ein wesentlicher Zug der Elektronentheorie: ihre Ausgangsgleichungen bereits weisen ihn auf. Obwohl nun hier, im Gegensatz zu den sonstigen Differenzen, eine Abweichung in Gliedern erster Ordnung besteht, so scheint dennoch praktisch ein Experimentum crucis auch in dieser Beziehung ausgeschlossen zu sein. Ich beabsichtige diess demnächst näher auszuführen und zugleich den wesentlichen Inhalt meiner genannten Abhandlung in wie ich glaube befriedigenderer Form nochmals darzulegen.

§ 7. Gegen die Zulässigkeit meiner Gleichungen – genauer gesprochen, meiner Deutung der Gleichungen (C′) – hat Lorentz einen Einwand erhoben.[3] Es ist nach diesen Gleichungen, sobald als wahre Coordinaten und Zeiten angesehen werden, die absolute (d. h. gegen ein ruhendes Coordinatensystem geschätzte) Lichtgeschwindigkeit in der Richtung bestimmt durch (a. a. O.,


  1. Vergl. a. a. O.
  2. Vergl. Lorentz, Math. Enc. V 2, p. 238.
  3. Math. Enc. V 2, p. 275 f.
Empfohlene Zitierweise:
Emil Cohn: Zur Elektrodynamik bewegter Systeme. Verlag der Akademie (Georg Reimer), Berlin 1904, Seite 1301. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zur_Elektrodynamik_bewegter_Systeme_I.djvu/8&oldid=- (Version vom 18.10.2019)