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Johann Wilhelm Ludwig Gleim.
Geb. d. 2. April 1719, gest. d. 18. Febr. 1803.


Vater Gleim! Wem hätte nicht unter Deutschlands Gebildeten irgend einmal dieser Name die leider verschwundene ächtdeutsche Gemüthsfülle in das Herz getönt? Sie ist für immer dahin, diese Zeit der Poesie, diese Zeit inniger gegenseitiger Hingebung, freudiger Anerkennung, es giebt solche Dichternaturen nicht mehr, wie die Gleim’s war; an die Stelle der Freundschaft und Liebe ist mehr und mehr die gemüthlose Kritik getreten, die sich höher und mächtiger dünkt, als die schöpferische Kraft der Poesie, und jede sonstige selbstständig hervorbringende Thätigkeit, welche sich die Aufgabe stellt, durch gediegene Poesiewerke die Welt zu erfreuen, und in ihr den Sinn für das Schöne neu zu beleben.

Gleim kam in dem Halberstädtischen Städtchen Ermsleben an einem Palmsonntag zur Welt, verlor als Knabe schon den Vater, und erhielt seine Schulbildung in einer Anstalt im Dorfe Oberbörneke, von da aus kam er in die Oberpfarrschule zu Wernigerode, die ihn vollends zum Besuch der Hochschule vorbereitete. In Wernigerode nahm sich Graf Christian Ernst zu Stolberg des sehr mittellosen Knaben gütig an, bis im Jahre 1738 Gleim nach Halle ging. Er wählte dort die Rechtswissenschaft zum Studium, schloß die Bande schöner akademischer Jugendfreundschaft mit Uz, Nikolaus Götz, Rudnick u. A. und wurde dann, nachdem die Hoffnung auf eine Stelle im dänischen Dienst, gewiß zu seinem Glück, fehlgeschlagen war, Hauslehrer bei dem Obersten des ersten Gardebataillons in Potsdam. In dessen Hause lernte ihn Prinz Wilhelm, Sohn des Markgrafen Albrecht zu Brandenburg Schwedt kennen und schätzen, und bediente sich seiner als Secretair. Durch diese Stellungen dem Militair nahe gebracht, knüpfte sich Gleims Bekanntschaft mit dem Lieutenant Ewald von Kleist an, die zur seelenvollsten Freundschaft erglühte; ebenso bot sich dem für edle Freundschaft warm empfänglichen Herzen Gleim’s die Nähe Spalding’s, Rammler’s und Graun’s, wie sich zugleich eine große Vorliebe für den Kriegerstand in ihm ausbildete. Dieser dankte er es, seinem Prinzen beim Ausbruch des zweiten schlesischen Krieges, 1744, mit in das Feld folgen zu dürfen, wo er sich gleichsam waffenbrüderlich zu seinem Kleist hielt, und mit ihm