Speisung der Truppen auf dem Tempelhofer Felde bei Berlin

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Titel: Speisung der Truppen auf dem Tempelhofer Felde bei Berlin
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 14, S. 249, 255–256
Herausgeber: Adolf Kröner
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1886
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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[249]

Speisung der Truppen auf dem Tempelhofer Felde bei Berlin.
Originalzeichnung von E. Hosang.

[255] Speisung der Truppen auf dem Tempelhofer Felde bei Berlin. (Mit Illustration S. 249.) Die Verpflegung der heutigen Massenheere ist eine der schwierigsten Fragen moderner Kriegsführung, ein großes Räthsel, dessen Lösung sich allein von Fall zu Fall finden läßt. Unsere Erfahrungen von 1870 und 1871 sind nur einseitiger Natur, denn der Feldzug gegen Frankreich wurde in einem durchschnittlich sehr reichen Lande geführt, dessen Hilfsmittel wir voll auszunutzen Gelegenheit hatten – sind wir aber einst gezwungen, unser Heer in weniger ergiebige Gegenden zu führen, so werden nur die umfassendsten Maßregeln das Bedürfniß des nimmersatten Riesen befriedigen können, eine ausgedehnte Anlage von Magazinen wird mit der sorgfältigsten Ausnutzung der Eisenbahnen, dieser Lebensadern unserer Heere, Hand in Hand gehen müssen. Der Laie vermag sich nur schwer eine Vorstellung von den ungeheuren Mengen von Nahrungsmitteln zu machen, deren eine Armee täglich bedarf. Für die Paris cernirenden deutschen Korps in einer ungefähren Stärke von 200 000 Mann mußten pro Tag 215 000 Portionen sicher gestellt werden, welche allein an Brot und Fleisch ein Gewicht von rund 300 000 Kilogramm repräsentirten, während sich das Gewicht der täglichen Fourage für die zugehörenden 30 000 Pferde etwa auf 400 000 Kilogramm berechnen läßt.

Eine große Hilfe für die Armee-Verwaltung werden in Zukunft zweifellos die Konserven bilden und das um so mehr, als sie bei dem Transport einen verhältnißmäßig kleinen Raum einnehmen. Sie werden sich namentlich bei der Koncentration großer Truppenmassen auf beschränkten Raum nützlich erweisen, wie z. B. während des strategischen Aufmarsches der Armee oder kurz vor entscheidenden Schlägen, wo die Verpflegung mit frischem Fleisch und frischem Brot häufig geradezu unmöglich wird. Aber die Konserven werden stets nur eine Aushilfe bilden können, da bei länger dauerndem Genuß derselben sich schließlich bei den Soldaten eine unüberwindliche Abneigung gegen diese Art von Verpflegung einstellt und die Rückkehr zu einer anderen Nahrung zur unabweislichen Nothwendigkeit wird.

Abgesehen von der Schwierigkeit der Beschaffung der Subsistenzmitel für die Armee im Felde, spielt jedoch auch deren Zubereitung eine wesentliche Rolle. Im Allgemeinen ist ja der Soldat sich selbst der beste Koch; [256] manche unserer Braven bringen es im Lauf eines Feldzugs zu einem Raffinement, um das jede Hausfrau sie beneiden könnte, und ich erinnere mich noch mit Vergnügen der zahllosen Variationen, durch die mein Bursche mir vor Paris den „ewigen Hammel“ genießbar zu machen wußte. Aber es giebt im Kriege auch häufig Situationen, in denen die Zeit fehlt, dem Soldaten die Zubereitung der ihm gelieferten Lebensmittel zu überlassen. Bei Bahntransporten z. B. ist dies stets unmöglich, und gerade hier stößt die ausgiebige, rechtzeitige Speisung der Truppen durch die schnelle Aufeinanderfolge der Züge und die mangelhafte Vorbereitung der Stationen oft auf erhebliche Schwierigkeiten. Auf einer zweigleisigen Bahn können z. B. die Züge in der Zwischenzeit von kaum 30 Minuten auf einander folgen; jeder Zug führt der Verpflegungsstation ein kriegsstarkes Bataillon, das heißt tausend hungriger Magen zu, und es ist ohne Weiteres einleuchtend, daß deren Befriedigung innerhalb des knapp bemessenen Aufenthalts keine leichte Sache ist. Auch hier heißt es: Probiren geht über Studiren; es haben daher im Laufe dieses Winters auf dem Tempelhofer Felde bei Berlin umfassende Versuche mit provisorischen Feldkücheneinrichtungen stattgefunden – Versuche, aus denen unser Künstler mit frischem Griffel einige packende Momente herauszugreifen gewußt hat. Rechts oben giebt er die Feldküche wieder mit ihren brodelnden Kesseln, dem mächtigen Küchentisch und dem emsig hantirenden Personal, unten die Speisung der Mannschaft selbst in unmittelbarer Nähe der zusammengesetzten Gewehre. Selbst der „Posten vor Gewehr“ fehlt nicht; mit sicher erheuchelter Gleichgültigkeit wendet er den schmausenden Kameraden den Rücken zu: sollte der Grenadier vielleicht gar bei dieser passenden Gelegenheit eine kleine „Strafwache“ absolviren? Nun, auch sie geht vorüber, und seine Portion ist ihm nicht verloren – ihm und allen den frischen Burschen aber möchte man herzlich zurufen: „Guten Appetit!“ x.