Thüringer Sagenbuch. Erster Band/Abt giebt Namen

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Sagen vom Schlosse Krainberg Thüringer Sagenbuch. Erster Band
von Ludwig Bechstein
Wie zu Berka die Werra ausblieb
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62.
Abt giebt Namen.

Ein guter Theil des unteren Werrathales, das jetzt großherzoglich Sachsen Weimar-Eisenachisches Landesgebiet ist, gehörte zu dem früheren Buchengau (Buchonia), und die Aebte des Hochstifts Fulda beherrschten dasselbe mit ihrem Krummstabe. In der Reihe derselben war Abt Dankmar. Dieser Abt bereiste zu einer Zeit seinen Kirchsprengel, [100] und fand die Wege äußerst schlecht, so daß er sammt seiner Begleitung eines Tages völlig stecken blieb, und nach dem nächsten Dorfe zurück Boten senden mußte, um Vorspann zu holen. Die Einwohner dort aber liebten keinesweges den Herrn Abt, und zeigten sich seinen Wünschen und Befehlen ganz zuwider. Sie sandten weder Menschen noch Vieh ab, ihm zu helfen, und wiesen seine Boten mit unfreundlichen Worten zurück. Nun sandte der Abt in das zweite nächstgelegene Dorf vor ihm und dort waren die Einwohner ihm holder; sie beeiferten sich förmlich, ihm zu dienen und ihm die erbetene Hülfe zu leisten. Der Abt ertheilte ihnen dafür seinen Segen, und ordnete an, daß dieser hülfreiche Ort hinführo seinen Namen tragen, und dieser Name zugleich seinen Dank auf ewige Zeiten ausdrücken solle. So wurde der Ort Dankmarshausen genannt. Aber jenes Dorf, das sich so bockig und widerhaarig (nach neumodigem Kanzleideutsch „renitent“) ihm gezeigt, das sollte nun auch auf ewige Zeiten Widershausen oder Widdershausen genannt werden, und dem ist auch also geschehen. Beide Dörfer liegen nahe an der Werra beim Städtlein Berka.