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Thüringer Sagenbuch. Erster Band/Vergeltungen

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Von Elisabeths Tod und Heiligsprechung Thüringer Sagenbuch. Erster Band
von Ludwig Bechstein
Sophias Handschuh
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[186]
101.
Vergeltungen.

Viele hatten nicht gut und recht gegen Elisabeth gehandelt, und mehrere derselben traf dafür die Hand der Vergeltung. Leider stand der Landgraf Heinrich Raspe unter diesen in erster Reihe. Wenn er auch berechtigt erschien, der maaßlosen Freigebigkeit seiner verwittweten Schwägerin Schranken zu setzen, so mußte er doch anders gegen sie handeln als er that. Er stieß Mutter und Kinder in das Elend hinaus, statt dem Neffen ein treuer Vormund zu sein, er wollte nicht Verweser Thüringens sein, bis der Knabe Ludwigs zu reiferen Jahren gekommen, sondern Selbstherrscher, Alleinregent. Eine neue Dynastie wollte er begründen, sein Stamm sollte herrschen über das Thüringerland. Sein Bruder Konrad mochte von gleicher Gesinnung beseelt sein, er übernahm die Regentschaft von Hessen. Landgraf Hermann blieb zur Seite gedrängt, auch als er herangewachsen war, man verheirathete ihn, als er fast noch im Knabenalter stand, und als zu fürchten war, daß er, zur Einsicht gekommen und vom Herzoghause Braunschweig, aus dem seine Gemahlin Helene stammte, unterstützt, vielleicht mit Nachdruck sein Vatererbe fordern werde, da verschwand er, erst 17 Jahre alt und erbenlos, aus der Reihe der Lebendigen. Die Volksstimme der Mitwelt beschuldigte geradezu Heinrich Raspe, daß er seinen Neffen durch Gift aus dem Wege zum Landgrafenthrone geräumt habe. Landgraf Konrad bestand viele Kämpfe, kam in den Bann des Papstes und der Kirche, und wurde darauf Deutschordensritter – er konnte daher Thüringen keinen Erben geben, da er sich [187] nicht vermählen durfte. Sein Bruder Heinrich Raspe hatte sich mit Elisabeth von Braunschweig vermählt; sie starb 1231 ohne Kinder. Er nahm Gertrud von Oesterreich zur zweiten Frau – auch sie ging, ohne ihm Erben geboren zu haben, im Jahre 1244 zur ewigen Ruhe ein. Und zum drittenmale vermählte sich Heinrich Raspe mit Beatrix von Brabant, aber auch diese dritte Ehe blieb ohne Kindersegen. Er verwickelte sich in große Kämpfe, wurde unter Papst Innocenz IV. Gegenkönig Kaiser Friedrichs II., dem er mit Undank lohnte. Friedrichs II. Sohn Konrad aber rächte diesen Undank, schlug Heinrich Raspe bei Ulm aufs Haupt, dieser mußte verwundet entfliehen und starb bald darauf auf der Wartburg, da denn mit ihm der Stamm der alten Landgrafen von Thüringen erlosch.

Jener fanatische Konrad von Marburg, der die arme Elisabeth auf das empörendste gequält und gemißhandelt hatte, starb keines guten Todes. Die unbeugsame Strenge, die er gegen die gedemüthigte fürstliche Frau übte, indem er sie von ihren Kindern, zuletzt auch von ihren treuanhänglichen Dienerinnen trennte, sie schlug – übte er auch als päpstlicher Ketzerrichter. Wer ihm ein Ketzer schien, oder als solcher heimlich angegeben wurde, wurde verbrannt. Im Jahre 1233 hatte Konrad einen Grafen von Sayn, einen Grafen von Henneberg, einen Grafen von Solans, eine Gräfin von Loots und viele andere der Ketzerei angeklagt, doch wurde die Unschuld dieser Angeklagten erwiesen. Als nun Konrad mit zwei Helfershelfern, dem Dominikaner Konrad von Tours, und einem anderen, Namens Hans, der einarmig und einäugig war, von Mainz wieder nach Marburg zurück fuhr, wurde ihnen von erbitterten [188] Dienern des Grafen von Sayn und andern der Ketzerei grundlos angeklagten Männern ein übles Ende bereitet, indem er nebst Konrad von Tours erschlagen wurde. Der einarmige Hans entrann dem Mordgetümmel, fand aber auswärts später seinen Tod an einem Galgen.