Thüringer Sagenbuch. Erster Band/Waldmann von Sattelstätt
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Waldmann von Sattelstätt.
Zu den Zeiten des Landgrafen Ludwig des Frommen und seiner Gemahlin, der heiligen Elisabeth, wohnte außen vor dem Dorfe Sättelstätt am Bergrücken des Hörseelberges in einer Steinkemnate ein Ritter, des Namens Waltmann von Sättelstätt, der gehörte zum Ingesinde des Landgrafen-Hofes auf Schloß Wartburg. Derselbe war ein guter Wappner und ein strenger Ritter, und hohen Muthes; der zog im Gefolge des Landgrafen, seines Herrn [138] auf einen Hof- und Fürstentag gen Merseburg, und führte mit sich eine wohlgeschmückte Jungfrau, die trug auf der Hand einen Sperber, und führte einen fertigen, guten Steuber (Jagdhund, Stöbrär, mittelhochdeutsch Spürhund), und Herr Waltmann von Sättelstätt war des Erbietens, mit jedem Ritter dreimal zu rennen und einen Stoß zu halten. Welcher ihn vom Rosse stieße, der solle alle sein Stechzeug, seinen Harnisch, die Jungfrau, den Steuber und auch den Sperber haben, stieße er ihn aber nicht herab, so solle er der Jungfrau ein goldenes Ringlein verehren. Solches Erbieten nahmen der Herren viele an, und wollten mit Herrn Waltmann die Stöße halten, und er wählete sich stets einen aus, mit dem er zuerst rannte. Aber keiner vermochte den stattlichen Kämpen aus dem Sattel zu heben, auch der tapferste und beste nicht, und er zog fröhlich wieder mit seiner Jungfrau, seinem Steuber und Sperber vom Hoftage zu Merseburg in die Heimath zurück und auf die Wartburg, und die Jungfrau trug die Siegesdanke, die Herr Waltmann erkämpft, an allen zehn Fingern, und theilte sie aus unter die Frauen und Jungfrauen, ihre Freundinnen am Hofe der Landgräfin Elisabeth, und alle waren sehr fröhlich und dankten dem frommen Ritter seiner großen und herrlichen Mannlichkeit.