Thüringer Sagenbuch. Zweiter Band/Bergschätze im Kiphäuser

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Der Schmied von Jüterbogk Thüringer Sagenbuch. Zweiter Band
von Ludwig Bechstein
Das Rathsfeld und die Rothenburg
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391.
Bergschätze im Kiphäuser.

Von Schätzen, großen und reichen, im Schooße des Kiphäusers ist der Sagenmund seiner ganzen Umgegend noch immer voll. Auch in diese Kunden, abgesehen von denen über den Reichthum, der den alten Barbarossa in seiner unterirdischen Halle umgiebt, mischt sich Altüberkommenes und das, was an ähnlichen Sagenbergen sich wiederholt. Auch hier ein Ritterkeller, aus welchem ein Mägdlein guten Wein holt, gleich jener Dirne an [260] dem großen Hermannsberge; einen Wein, der köstlich schmeckte. Da der ganz herunter gekommene Schänkwirth des Ortes von diesem Ritterwein hörte, und von den wiederholten Gängen des hinauf gesandten Mägdleins, schlich er nach, allein für diesen Vorwitz wurde ihm sehr übel durch allerlei Geisterspuk, der sich rings um ihn erhob, mitgespielt. Endlich kam ein grauer Bergmönch, der schleppte den zum Tode bereiten Mann eine Treppe empor, legte ihn an einer Mauerwand nieder, steckte ihm ein Stück Geld in die Hand, und verschwand. Aechzend schleppte sich der Schänkwirth nach Hause, mußte sich gleich legen, und war nach drei Tagen eine Leiche. Das Geld des Mönchs reichte just hin zu den Kosten der Beerdigung des Vorwitzigen.

Daß die Sage Mönche auf den Kiphäuser bringt, kommt von der berühmten Wallfahrt, die einst zu einer Kapelle und zu einem hölzernen Kreuze in derselben Statt fand, welche Kapelle Graf Heinrich XXIII. von Schwarzburg erbaut und mit vielem Ablaß hatte begeben lassen. Als Wallfahrt und Kapelle in Folge der Reformation eingegangen waren, verbreiteten sich erst recht die Nachrichten von Schätzen, die da droben vergraben sein sollten, und es kamen Venetianer, Bergleute, Kurgänger und Schatzgräber zu Hauf, um diese vergrabenen Schätze zu heben, oder auch um die Erze im Bergesschooße aufzufinden und abzubauen. Ein Bergmann fand auf dem Kiphäuser einen Mönch sitzen, hart am alten Thurme, der in einem Buche las und ihn dann in den Berg führte, wo sie in lange Gänge kamen, die mittels der Springwurzel, welche der Mönch in der Hand hielt, ihre verschlossenen Thüren öffneten. Zuletzt kamen beide an [261] eine silberne Thüre, an welche der Mönch dreimal klopfte, worauf auch diese alsbald aufsprang, und der Bergmann den alten Barbarossa sitzen sah, mit seinem durch den Steintisch gewachsenen Barte, der bis zu den Füßen hinabreichte. Der Bergmann empfing von dem Mönche zwei Stangen eines unbekannten Metalls, die lange in des ersteren Familie aufbehalten blieben.