Thüringer Sagenbuch. Zweiter Band/Das Rathsfeld und die Rothenburg

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Bergschätze im Kiphäuser Thüringer Sagenbuch. Zweiter Band
von Ludwig Bechstein
Der braune Bühel
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392.
Das Rathsfeld und die Rothenburg.

Wenn man vom Kiphäusergipfel nordwärts schreitet, in der Richtung nach der Rothenburg zu, dann aber sich links hält, so kommt man auf eine Fläche, auf der eine Art Jagdschloß steht, das ist das Rathsfeld. Auf dem Rathsfelde soll der dürre Birnbaum stehen, der wieder grünen wird, wann dereinst der alte Kaiser Friedrich aufsteht und aus dem Bergesschooße hervortritt, und an diesen Birnbaum wird er seinen Schild hängen, wenn er die große Siegesschlacht geschlagen hat.

Der gerade Weg vom Kiphäuserthurme führt nach der tiefer liegenden Rothenburg, einst ein stattliches Schloß, schon im 11. Jahrhundert von Grafen von Beichlingen erbaut. In den Trümmern dieser Burg fand man das unförmliche Erzgebilde in Gestalt eines puhstenden Knaben, welches man Püsterich genannt und über welches man erstaunlich viel geschrieben hat. Dieses alte Zeugniß von der Erzgießekunst der frühen Vorfahren hat man lange Zeit für ein deutsches oder slavisches Götzenbild gehalten. Ein deutsches war dasselbe auf keinen Fall, denn die Germanen hatten keine sogenannten Götzen, und folglich auch [262] kein Götzenbild, und daß das alte Metallgeräthe slavischen Ursprungs, kann durch nichts bewießen werden. Mit großer Leichtgläubigkeit aber haben deutsche Gelehrte diesem Püstrich in sogenannten deutschen Mythologien eine Stelle als thüringischen Feuergott angewießen.

Vom Rathsfelde und von der Rothenburg geht manche Spuksage. Wildsauen wurden in nächtlicher Weile zahlreich erblickt, die ein Mägdlein lockte, allein wenn ein Jäger nach einer dieser Sauen schoß, zerflossen alle in Luft. Auch an Schätzesagen ist die Rothenburg reich, fast so reich wie die Kiphäuser Burgtrümmer.