Thüringer Sagenbuch. Zweiter Band/Das Holzweibel auf der Karrendeichsel
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Das Holzweibel auf der Karrendeichsel.
In Wöhlsdorf war ein Schäferknecht, der trieb gewöhnlich seine kleine Heerde nach dem Brandholze hin, das nicht weit von Ranis liegt, und dort, wo der Pferch aufgeschlagen war, stand auch sein kleiner Karren, darin der Knecht die Mittagsrast hielt, und auch bisweilen übernachtete. Es war ein stiller fleißiger Knecht, der seine müssige Zeit mit stricken ausfüllte, wie in manchem Lande üblich. Dem gesellte sich ein Wald- oder Holzweibel zu, das ihm oft die Verfolgungen klagte, die es mit seinen Verwandten vom wilden Jäger erdulden müsse, und gegen die nur drei besonders in einen Baumstamm oder sonstiges Holz eingehauene Kreuze ein Asyl gewahrten. Da schnitt der Knecht in die Deichsel seiner Hütte auch drei Kreuze, damit das arme Holzweibel darauf einen Schutz hätte, da saß es denn oft und erzählte ihm, und wenn der wilde Jäger sich hören ließ, flüchtete es eilig auf die Deichsel, da war es sicher. Zum Danke schenkte das Holzweibel dem Knecht ein Strickknaul, das hatte die Tugend, daß es kein Ende nahm, man mochte davon abstricken, so viel man wollte. Da war nun der gute Knecht um so fleißiger. Der wilde Jäger aber hatte das Holzweiblein, aus Aerger, weil es so sicher war, besonders auf dem Strich, und eines Nachts brauste er mit dem ganzen wüthenden Heere heran, und da er das Waldweibel [176] nicht fassen konnte, so brach er die Deichsel von der Hütte, darauf es saß, mit sammt dem Weiblein und den drei Kreuzen, und führte sie auf und davon. Lange strickte noch der Knecht von dem geschenkten Knaul, erzählte auch jedem, der es hören wollte, von dessen guter Eigenschaft, und wie er dazu gelangt, und dennoch blieb des Knauls Tugend, bis er’s endlich einem Bekannten, der daran Zweifel erhob, in die Hände gab, und die Erlaubniß, für sich so viel davon abzuwickeln als er möge, da war das Knaul gleich alle und war da gewesen für immer.