Thüringer Sagenbuch. Zweiter Band/Die fleissige Spinnerin
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Die fleißige Spinnerin.
Zu Tepitz, westlich von Pößneck, lebte eine alte fleißige Frau, der war spinnen die größte Lust; rastlos spann sie Jahr aus Jahr ein, Tag für Tag und nur ungern gönnte sie sich an Sonn- und Festtagen Ruhe. So kam’s, daß sie auch an einem heiligen Dreikönigsabend, gegen das Herkommen und gegen die Gewohnheit selbst der fleißigsten Spinnerinnen, ihre Arbeit nicht aussetzte. Halb im Scherz, halb im Ernst warnten die Ihrigen: Hütet Euch! Wenn die Perchtha kommt, könnt’ es Euch übel ergehn! – Oho! erwiederte das fleißige Mütterlein, die Spinnefrau spinnt mir ’und euch kein Hemde, das muß ich selbst thun! Jene gingen schlafen und die Alte spann rüstig fort. Mit einem Male war die Perchtha zur Stelle, schob von außen das Fenster auf, schaute wild in die Stube herein, warf eine Hand voll leere Spuhlen auf den Schoos der Alten, und rief: Nun spinne, wenn [177] du gar keine Ruhe hast, auch die noch voll in einer Glockenstunde, wo nicht, soll es dir übel ergehen! Da war die zwar erschrockene, doch entschlossene Alte her, nahm die Spuhlen zur Hand, spann aus jede einige Reifen Flachs, trug dann alle, ehe noch die Stunde verfloß, in ihrer Schürze hinaus, und warf sie sammt und sonders in den am Hause vorbeifließenden Kutschbach. Da hat die Perchtha, als sie wiederkam, der fleißigen Alten nichts anhaben können.