Thüringer Sagenbuch. Zweiter Band/Der Hirsch in den Kammerlöchern

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Die Zwerge der Kammerlöcher Thüringer Sagenbuch. Zweiter Band
von Ludwig Bechstein
Die verstopfte Salzquelle
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[295]
418.
Der Hirsch in den Kammerlöchern.

Die Sage geht, daß zu Zeiten in den Kammerlöchern oder Felsenkammern über Angelrode sich ein schneeweißer Hirsch mit goldenem Geweihe blicken lasse, jedoch nur von Sonntagskindern und auch nur von unbefleckten. Einem solchen ist Macht gegeben, den Hirsch zu fangen, und ihn in die Tiefe der größten Felsschlucht zu führen, dort schlägt der Hirsch mit dem Goldgeweih an das Gestein, das Geweih fällt ab, dem Glücklichen zum Lohne und zugleich öffnet sich ein Gang in das Bergesinnere, darinnen sich nun eine Kammer nach der andern zeigt, alle voll Gold und Silber, Perlen und Edelsteine. Da mag der Erwählte dann getrost zufassen und davon tragen, so viel er kann. Dem Hirsch aber wächst, wie andern Hirschen, [296] in Jahresfrist ein neues Geweih, aber nicht alle Jahre findet sich ein auserwähltes Glücks- und Sonntagskind, das reinen Herzens und makellosen Wandels, ja kaum alle hundert Jahre einmal. Jedenfalls hat die Sage früher diesem Hirsch auch die auf ihm reitende wilde Jagdfrau gesellt, wie dort im Ilmthale, denn sie oder der wilde Mann, der wilde Jäger, sind selten fern, wo von Zwergen die Sage geht.