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Thüringer Sagenbuch. Zweiter Band/Der Lintwurm

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Der Ochse mit der Laterne Thüringer Sagenbuch. Zweiter Band
von Ludwig Bechstein
Der wilde Jäger haßt Kröstau
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Der Lintwurm.

In früher Zeit soll in der Nähe von Kürbitz ein Lintwurm gehaust haben. Schreckenerregend war sein Aussehen, fürchterlich die Verwüstung, die er überall anrichtete, Menschen und Thiere unterlagen seinen giftigen Bissen, alle Früchte vernichtete er, kurz er war das Schrecken der ganzen Gegend. Viele schon hatten ihn zu tödten versucht, doch waren alle, die zu diesem Zwecke ausgezogen, von dem fürchterlichen Thiere überwältigt worden. Niemand wagte sich zuletzt an die schreckliche Jagd und Jedermann hüthete ängstlich seine Wohnung, um nicht von dem Ungethüme zerrissen zu werden. Nur ein tapfrer Ritter, der Besitzer von Feilitzsch, wagte endlich das Thier zu erlegen, welches man seiner Stärke und seines gräßlichen Aussehens halber allgemein für einen Drachen hielt. Auf einem edlen Rosse ritt der Degen zum Lager des Thieres, mit Schwert und Lanze bewaffnet; bald sah er dasselbe auf sich zustürzen und schnell stieg er vom Pferde, das in kurzer Zeit den Zähnen des Ungethüms erlag. Der kühne Ritter drang während dieses Kampfes dem Wurme näher und stieß ihm seinen Speer durch die Seite. Leider überlebte [65] er seine Heldenthat nicht, da ihn das Thier noch in seinem letzten Kampfe mit Anstrengung aller seiner Kräfte packte und in Stücke zerriß. Doch es mußte selbst unterliegen; nach wenigen Tagen fand man es tod in seinem Lager. Der edle Held liegt in der Kürbitzer Kirche begraben; über seiner Gruft sieht man das in Stein gehauene Bildniß desselben und zu seinen Füßen den sich ringelnden Lintwurm, ganz wie auf einem Denkmal jenes tapfern Georg von Frankenstein, das im Dorfe Beerback ohnweit Darmstadt befindlich ist.[1]

  1. D. S. B. 60.