Thüringer Sagenbuch. Zweiter Band/Der wilde Jäger haßt Kröstau

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Der Lintwurm Thüringer Sagenbuch. Zweiter Band
von Ludwig Bechstein
Ursprung der Stadt und des Namens Plauen
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191.
Der wilde Jäger haßt Kröstau.

Zwischen den Dörfern Straßberg und Kröstau fließt in unheimlicher Thalenge der Rößnitzbach; dort wird häufig Hundegebell und lauter Jagdlärm zur Nachtzeit vernommen, man hört gellende Zurufe, Hörnerklang und Peitschengeknall, auch wilde, fluchende Stimmen. Es jagt dort der wilde Jäger, und wenn Wanderer ihm begegnen, schreit er sie an, woher sie seien. Antwortet einer: Aus Kröstau, so hat er alsbald zuversichtlich einige Peitschenhiebe zu gewärtigen, andere Wanderer bleiben unangefochten, und werden wol noch von dem wilden Jäger eine Strecke geleitet, und bisweilen sogar mit Wild aus seiner Jagdtasche beschenkt. Die Sage verräth nichts über die Beschaffenheit dieses Wildes, aber sie hat sich, um jenen Haß des wilden Jagers gegen Kröstau zu erklären, eigenthümlich [66] verjüngt. Ihr ist dieser wilde Jäger der Geist eines jungen Weidmannes, welcher ein Mädchen des genannten Dorfes liebte, das ihm untreu wurde, und das er in den Armen eines andern Jägers fand. In seiner Wuth erschlug er den Nebenbuhler und das Mädchen, verfluchte Kröstau, und gab im Rößnitzthale sich selbst den Tod. Nun spukt er in der Mitternachtstunde mit Hunden und Jagdlärm umher, verwüstet zu Zeiten die Felder der Kröstauer Flurmarkung, und verfolgt mit ewigem Haß jenes Ortes Bewohner.