Thüringer Sagenbuch. Zweiter Band/Frohntanz in Langenberg bei Gera
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Frohntanz in Langenberg bei Gera.
Einst fuhr am zweiten Pfingstfeiertag Kaiser Heinrich durch Langenberg und zerbrach ein Rad an seinem Wagen. Es waren gerade die Bewohner des Ortes und der Umgegend im Tanze begriffen, und keiner machte Anstalt, dem Kaiser beizustehen. Schmied, Wagner und andere antworteten auf geschehene Aufforderung, den Schaden herzustellen: „Sie müßten jetzt tanzen!“ Seit jener Zeit wird nun alljährlich in Langenberg ein Frohntanz nebst Rügegericht gehalten. Bis 1656 wurde dieser Tanz am zweiten Pfingstfeiertag gehalten; hernach am dritten, und seit 1728 am vierten Wochentage oder Mittwoch nach Pfingsten. Es müssen Paare aus den Dörfern Rindersdorf (eine Stunde von Langenberg), Niederndorf, die von der Zwicke, von der Grüna, Zschippach, Hirschfeld und Stübnitz aus der Herrschaft Gera erscheinen, doch auch welche aus dem Amte Eisenberg. Nach einem alten Verzeichnisse beliefen sich die zum Tanze gehörenden Paare auf 85. Seit 1728 weigerten sich die unter dem S. Altenburgischen Amte Eisenberg stehenden Unterthanen dem Frohntanze ferner beizuwohnen. Die Gemeinden Rindersdorf, Stübnitz und Grüna, müssen mit Spielleuten an- und abziehen, sonst werden sie, so wie jeder, der nicht beim Tanze erscheint, um ein Neuschock gestraft. 1701 fiel der Tanz wegen Landtrauer aus. 1703 ist auch ein Pfarrer als Frohntänzer mit aufgetreten, indem er Besitzer eines frohntanzpflichtigen Gutes war. Die Tanzenden müssen sich bei einem umzäunten Lindenbaume einfinden; dabei erscheinen der Landrichter von Gera und die Gerichtsdiener. [109] Die Langenberger Bürgerschaft zieht schwarz angekleidet aus, tanzt jedoch nicht mit. Der Gerichtsherr läßt unter die Tanzenden gesetzmäßig für 3 Gulden Kuchen, jeden ¾ á Person vertheilen; ein Faß Bier und die Spielleute müssen einige der Tänzer auf ihre Kosten anschaffen. Sobald das Faß Bier, welches unter der Linde liegt, angezapft ist, beginnt der Tanz, der Landgerichtsdiener eröffnet diesen, indem er mit einer Fröhnerin vortanzt, und das dauert so lange als der Zapfen rinnt. Wer nicht fröhnt beim Tanz, wird vom Landknecht gepfändet und muß sich mit einem Goldgulden lösen. Dieselben Mannschaften, welche zum Frohntanz verpflichtet waren, mußten auch auf Verlangen des Gerichtsherrn die Folge verrichten. Neuerdings unterbleibt jedoch der Tanz, allein der damit verbundene Jahrmarkt und die andern Gerechtsame werden fortgeführt.