Thüringer Sagenbuch. Zweiter Band/Klosterstätte Querfurth

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Der Nixenstein Thüringer Sagenbuch. Zweiter Band
von Ludwig Bechstein
Tanzende Katzen
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223.
Klosterstätte Querfurth.

Gar nicht weit von Berga und nahe bei dem Dorfe Pöltzschen hat vor Zeiten ein Nonnenkloster gestanden, dessen Namen Querfurth war, und das mit einem Walle umgeben gewesen sein soll. Man zeigt noch die Stätte, wo die Kirche stand, etwas abseit den Klostergebäuden, die in dem schönen Thale lagen, das die Culnitsch durchfließt, und an einem See, der jetzt Wiese ist. Auch eine Mühle, [94] die Untz, gehörte zu dem Kloster. Alles wurde vor langer Zeit zerstört, man weiß nicht, ob im Hussiten- oder im Bruderkriege. Nur dunkle Sagen leben davon im Munde der Umwohner. Uralte Leute konnten sich noch erinnern, Rudera mit Vogelbeerbäumen und Mauerreste des Klosters und der Kirche in ihren jungen Jahren gesehen zu haben, und daß sie als Kinder mit der Fähre hinüber ins alte Kloster gefahren wären. Beim Aufrichten eines Gebäudes auf dem Klostergebiete fanden sich Knochen und Schädel, auch ein Münzfund kam vor. Man nahm die alten Steine zum Aufbau neuer Häuser. Viel ist von vergrabenen Schätzen die Rede, die theils gehoben sein, theils noch in den verborgenen Kellergewölben ruhen sollen; auch die Kirchenuhr soll vergraben worden sein.

Im Kloster Querfurt lag ein Schatz, der brannte nächtlicher Weile lichterloh. Alte Einwohner zu Pöltzschen erzählten vom Hörensagen ihrer Eltern und Großeltern: Einst kamen zwei fremde Männer nach Pöltzschen, der eine war ein Venetianer, den andern hieß man den Wirth, die sprachen zu den Leuten: drüben im alten Klostergarten liegt ein Schatz, wer ihn hebt, der hat zeitlebens genug. Darauf ging der Venetianer allein hinüber, blieb eine lange Weile weg, und als er wieder kam, trug er etwas unter seinem Mantel. Er sagte nicht, was es sei, und gab auch nichts davon ab. Bald darauf ging er noch einmal hinüber und kam nimmermehr wieder, ward auch nirgends gesehen noch gehört. Der Mann, der ihn hergeführt, mußte sich in seine Heimath betteln.

Zu anderer Zeit kam nach Pöltzschen ein Jesuit, sprach bei einem Bauer ein, sagte diesem, daß er in der Absicht da sei, den Klosterschatz zu heben, er möge ihm, gegen [95] gute Belohnung, helfen. Um Mitternacht gingen beide, der Jesuit und der Bauer, auf die verrufene Stätte. Der Jesuit zog einen Kreis und hub an zu beten, da hob sich mählig aus dem Boden eine Braupfanne voll Goldes, oben darauf aber lag ein großer schwarzer Hund mit feuriger Zunge. Der Bauer zitterte und bebte, und der Jesuit zitterte auch und betete fort, und wurde irre, und da that es auf ein Mal einen Schlag, als würde eine Kanone dicht vor ihren Ohren losgeschossen, daß beide zu Boden fielen. Weg war der Hund und weg war der Schatz. Klagend gestand der Jesuit dem Bauer, daß er etwas in der Formel versehen, und ging traurig von dannen.

Von Berga fuhr einst ein Tabakshändler aus Erfurt, der im Wirthshause zu Culmitzsch seine Niederlage hatte, des Nachts mit einem Schiebekarren über den Steinberg hinaus. Als er auf den Wachtelberg kam, traf ihn, es war in der zwölften Stunde, ein graues Männchen an, und fragte ihn, wohin er wolle? Er solle mit ihm gehen sprach das Männchen zum Bauer, und zugleich sah dieser, daß in der alten Klostertrümmer ein Licht brannte. Nicht ohne Furcht folgte er dem gespenstigen Führer, der ihn geradezu in das Kloster hineinleitete; da fand er statt des Lichts eine Kohlengluth, warf etwas darauf und war glücklich. Das graue Männchen geleitete ihn noch bis an die Brücke zu Berga, und verschwand dann mit einem Male. Dieser Tabakshändler soll ein gut Theil des Schatzes auf seinem Karren hinweggefahren haben.

Ein Dienstjunge in Pöltzschen ging eine Zeit lang jeden Morgen stillschweigend in das Kloster, da fand er jedes Mal einen Groschen, diese gefundenen Groschen sammelte er zu Hause und gab sie nicht aus. Einstmals fragte ihn [96] sein Dienstherr, der des Schatzes ansichtig wurde, woher er die vielen Groschen habe? So sagte der Junge: Drüben in den Klostermauern ist ein alt hölzern Schränkchen, da finde ich jeden Morgen einen Groschen. Der Herr wollte das auch sehen, allein es ward kein Schränkchen gefunden, und niemals fand der Junge wieder einen Groschen. Er hatte das Geistergeheimniß verplaudert, und mußte damit den Schaden tragen.