Topographia Circuli Burgundici: Von dem Hertzogthumb Lüzelburg und der Graffschafft Namur

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Topographia Germaniae
Hertzogthumb Lüzelburg und Graffschafft Namur (heute: Provinzen Luxemburg, Namur)
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aus: Matthäus Merian (Herausgeber und Illustrator) und Martin Zeiller (Textautor):
Merian, Frankfurt am Main 1654, S. 218–221.
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[218]
VII.
Von dem Hertzogthumb
Lüzelburg / und der Graffschafft Namur.

Wann wir der Landtafel / auch von andern gehaltener Ordnung nachgehen wollen / so folget / auff Hennegöw / die Graffschafft Namur. Weilen wir aber uns / deß Ludovici Guicciardini Ordnung / so er / in Beschreibung deß Niderlands / in acht genommen / nachzusetzen vorgenommen: So wollen wir erstlich etwas ins gemein von dem Lande Lüzenburg / Lüxelburg / oder Luxemburg / vermelden. Es hat aber dasselbe insonderheit der geweste Abt zu Epternach in diesem Lande / Johannes Bertelius, der Anno 1607. gestorben / beschrieben; welcher / unter anderm / am 84. Blat sagt / daß das Hertzogthumb an der Mosel / gleich von seinem Ursprung an / allezeit / in die fünffhundert und zwantzig Jahr ungefehr / berühmt gewesen; da dann Fredericus, der Stiffter deß Schlosses Barr / den Mosellanischen Titel abgethan / und daß solche gantze Gegend / von besagtem Schloß / und er ein Graff zu Barr / forthin genant werden solte / gewolt habe. Folgender Zeit sey das Hertzogthumb an der Mosel in gar viel Stuck zertheilt worden; wie dann solches noch heutiges Tages unterschiedlichen Herren unterworffen. Dann die von Metz / von ihrer Statt an / biß nach Marenge / umb die Mosel herumb zugebieten haben. Ferners erstreckt sich deß Hertzogen zu Luxemburg Gebieth / auff beeden Seiten der Mosel / biß zum Stättlein Köningmacheren. Wann man von dannen auff der rechten Hand der Mosel hinunter sich begiebet / so gehört die Statt Sirck / mit dem herumb gelegnen Lande / dem Hertzogen von Lothringen oder Barr; das Mosellanische Land aber zur lincken ferners dem Hertzog von Luxemburg / biß nach GrävenMacheren / welches Stättlein / und alles Land / so von solchem Stättlein an / biß zum Dorff Egell / auff beeden Seiten deß Flusses übrig / dem gedachten Hertzog von Luxemburg zuständig ist. Darauff dann / wann man allgemach zur lincken Hand fortreiset / der Rest dem Churfürsten zu Trier beederseits gehörig ist. Also hat der Ardenner Wald vor Jahren seine eigne Fürsten gehabt; heutiges Tages aber wird derselbe meistentheils zum Hertzogthumb Luxemburg; wie auch die Marggraffschafft Arlun / die Graffschafften Chiny, S. Paul, oder Roussy, Rocche in Ardenne, Salm / Orcimont, Manderscheid / Virnenbourgh / Vianden oder Vienthal / und die Herrschafften Marveil / Arancey, und Durby, gerechnet: und schreibet Matthaeus Quade, in Teutscher Nation Herrligkeit / cap. 81. daß etliche Graffen ihr Lehen zu Luxemburg empfahen müssen / als Manderscheid / Arenburg / Salm / Ryfferscheid / Rhineck / Kriechingen / Isenburg / sampt andern Herren / und von Adel / in grosser Menge. Sonsten werden diese Grentzen dem Hertzogthumb Luxemburg geben / als von Mitternacht / Lüttich und Namur; von Mittag / Lotthringen; von Morgen / die Mosel / und das Stifft Trier; und vom Abend die Maas / mit dem Ebers- oder Arduenner Wald. Daß aber solche nicht die eigentliche Grentzen seyen / das ist auß deme so hieoben gesagt / zu vernehmen. Den Umbkreiß rechnen theils auff siebentzig / theils auff mehrere Meilwegs / und sagen / daß darinn zwantzig / oder drey und zwantzig mit Mauren und Gräben umbgebene

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[219] Stätte; neben andern vornehmen Orten / Schlössern / und bey die 1169. Dörffer seyen. Obgedachter Bertelius setzet / und beschreibet nachfolgende Stätt und Ort / als Luxemburg / Arlun / Vianden / Dietenhofen / Echternach oder Epternach / Bastonac / S. Veit / Diekirch / Marche / Neucastell / Roche en Ardenne, Durby, Verton, Dampvillers, Biedburgh / Greven-Macheren / Coninx-Macheren / Mont-Medy, Feltz / Marville / Rodenbach / und Esch: so alles wie er sagt / beschlossene Stätt und Stättlein. Zu welchen er thut die 3. vornehme Orth / Ivois oder Yvers, L’Affertè, und Chiny, so auch Statt-Gerechtigkeit haben. Und dann die nachgehende Flecken / Clöster / und Schlösser / als Wyltz / S. Hubert, Brandenburgh / Meisenburgh / Pitting / Clerff / Chauancy le Chasteau, Hoffalize, S. Johannsberg / Soluer, Ouseldingen / Aywalle, Egel und Aviot, von welchen allen auch den oberzehlten Graffschafften / und ihren Haupt-Orten / hieunten gesagt werden wird. Die Sprache ist zu Luxemburg / Arlun / Dietenhofen / Epternach / Macheren / S. Veit / Viendalen / und in etlichen andern Stättlein / Flecken und Dörffern / ins gemein Teutsch; aber zu Bastonac, Marche, Roche in Ardenne, Neucastell / Houffalize, Durby, Ivois, Dampvillers, Mont-medy, Chini, Vierton, und an den benachbarten Orten / redet man Frantzösisch. Der Lufft ist da gesund / und werden die Leuth / sonderlich im Ardenner Wald / alt. Es wächst auch Wein in diesem Lande an der Mosel / und ist solcher sonderlich umb Egel / und dem Dorff Wiltingen / nit unlieblich; aber umb Dietenhofen / Greven Machern / Epternach / und Remich nicht zum besten. Von den Kindstäuffen gehen die benachbarte Weiber offtmals etwas bezecht wieder nach Hauß; welcher Brauch insonderheit zu Luxemburg / und in den benachbarten Stätten / gemein ist. Wann jemands stirbt / so kommen / alsbald nach der Leich / die benachbarten ungeladen zu deß verstorbenen Hauß / und bemühen sich die überbliebene Befreundte mit einem Trunck / über den tödtlichen Hinritt deß Freunds / zu trösten. Die Bauren haben in diesem Land einen elenden Stand. Es hat da unterschiedliche Flüß / als 1. die Mosel. 2. die Sar / so in dem Lothringischen Dorff gleiches Nahmens entspringt / nach Sarburg / so Trierisch / ferners auff Wiltingen und Lausem / zwey Luxemburgische Dörffer / laufft / und folgends bey Lonzen / unter einer steinern Brucken / sich in die Mosel ergiesset. 3. Die Saur / oder Sura, deren Ursprung zu Soure in Ardennen / einem Dorff nahend Cobreville, auß einem sehr klaren Brunnen ist / und die zu Wasserbillich / unter der Brucken in die Mosel kommt. 4. Alzet 5. Sumois. 6. Prum / so zimlich tieff und breit / und nicht weit von der ansehenlichen Benedictiner Abtey Prumien / so daher den Nahmen hat / entspringet / und nahend Epternach in die Saur fällt. 7. Our. 8. Ourt. und 9. Siere. Daher es viel Fisch im Land / aber deß Geträids und Früchten / weilen es da viel Berge und Wälder / keinen Uberfluß hat. Und liget / ausser dem Ardenner- und andern Wälden / auch ein hoher / aber sehr lustiger Wald / zwischen den Stätten Luzenburg und Arlon / in welchem ein Nonnen-Closter / Weyde / und fruchtbare Felder / auch etliche Dörffer / und unter denselben Steinefurt zu finden; wie Ortelius in Itinerario p. 271. berichtet. Es ist dieses Land vorzeiten eine Graffschafft gewesen / welche aber zun Zeiten Käysers Caroli IV. und seines Herren Vattern Bruders / Hertzogen Wenceslai zu Lüzemburg und Brabant / zu einem Hertzogthumb worden; wie abermals besagter Ortelius schreibet: wiewol gedachte Erhöhung zum Hertzogthumb / Guicciard. seinem deß Käysers Caroli Großvattern / oder Anherrn / Käyser Heinreichen dem Siebenden / gebornen Graffen von Lüzenburg; theils aber erst deß gedachten Kön. Caroli Sohn / dem K. Wenceslao, zuschreiben. Obgedachter Bertel. führet den Lüzenburgischen Stammen her von Pharamundo, dem Ersten Fränckischen König in Gallia, und sagt / daß deß Ricuini, deß Giselberti Hertzogs in Lothringen / Bruders Sohn / Sigfridus, der erste Graf zu Guerri, umbs Jahr Christi 960. gewesen / [220] welche Graffschafft heutigs tags Lucelemburg genannt werde. Ihme hab in der Graffschafft Luxemburg / und der Schirms-Vogtey deß Closters Epternach / sein einiger Sohn Giselbertus succedirt, der Anno 1015. gestorben. Andere seyn in etwas einer andern Meynung hievon. Nicolaus Vigner, oder Vignierius, deß Königs in Franckreich Geschichtschreiber / hat ein eignes Buch von diesem ansehenlichen alten Luzenburgischen Geschlecht / in Frantzösischer Sprach außgehn lassen / so Anno 1617. wieder zu Pariß auffgelegt worden / in welchem er beweisen will / daß Graff Heinrich der Dritte von Luxembourg drey Söhne gehabt / nemlich Heinrichen den Vierten / so hernach Käyser dieses Nahmens der Siebende worden; Balduin ErtzBischoffen zu Trier / und Waleram / Fürsten zu Ligny in Franckreich. Vom ersten Bruder / Käyser Heinrichen / seyen Käyser Carl der Vierdte / und seine Brüder / Hertzog Wentzel zu Lüzenburg / und Johannes (al. Johannes Henricus) Marggraff zu Mehren / und Görlitz; von gedachtem Käyser Carolo aber die Käyser Wenceslaus, und Sigismundus; und vom Johanne in Mehren / 3. Söhne / als Jodocus Barbatus, Procopius, und Sobeslaus, (die alle keine Kinder verlassen) und eine Tochter / Nahmens Elisabeth / herkommen. Besagter Sigismundus, hat nur eine Tochter / Nahmens Elisabeth / Käysers Alberti II. Gemahlin / und Königs Ladislai Posthumi in Ungarn und Böheim / Hertzogens zu Oesterreich / und Luzenburg / Mutter / und sein Bruder / Käyser Wenzel / König in Böheim / wie auch ihres Herren Vattern Bruder / obgedachter Hertzog Wenceslaus zu Brabant / und Luzenburg / so Anno 1384. gestorben / gar keine Kinder nach sich gelassen. Was aber den Jüngsten deß Käyser Heinrichen deß Siebenden Brudern / oder welches fast glaublicher / sein / deß Käysers / Vatters / Graff Heinrichen deß Dritten zu Luzemburg / Brudern / den Walram / anbelangt / so will obgedachter Vignierius, daß er sein Geschlecht in Franckreich fortgesetzt; und seyen seine Nachkommen (unter denen der Graff von S. Paul / zun zeiten König Ludwigs deß Eilfften gewesen / die Fürsten von Ligny daselbst genant / und folgends von den Königen in Franckreich zu Hertzogen zu Luxemburg gemacht worden; wiewol sie an solchem Hertzogthumb nichts besassen. Der letzte / auß diesem sehr alten Geschlecht sey Printz Heinrich / Hertzog zu Luxemburg und Pinay / Fürst zu Tingry / Graff zu Brienne / und Ligny / etc. gewesen / welcher den 23. Maii deß Jahrs 1616. in Franckreich gestorben / und von seiner Gemahlin / Magdalena von Montmoranzy / zwo Töchtern hinterlassen habe; deren die eine deß Hertzogs von Luynes, gewesten Connestable in Franckreich / Brudern / den Branthe geheurathet / so sich hernach Hertzogen zu Luxemburg geschrieben hat. So viel aber die Landes-Regierung in Luzenburg betrifft / so hat ehegedachter Käyser Wenzel / seines Brudern / deß auch oberwehnten Marggraff Johannis zu Mehren und Görlitz Tochter / der vorgemelten Fräulein Elisabeth / das Hertzogthumb Luzenburg / und die Graffschafft Chini, zum Heurathgut geben / als sie Anthonius von Burgund / Hertzog zu Brabant / geehlicht hat. Sie bekam zwar in dieser ersten Ehe zween Söhn / nemlich Joannem und Philippum, Hertzogen zu Brabant / etc. die aber zeitlich ohne Kinder absturben. Hernach verheurathete sie sich an Hertzog Johansen zu Bayern / den gewesten Bischoffen zu Lüttich / mit deme sie aber keine Erben bekam; und daher das Hertzogthum Luzenburg / ihres ersten Eheherren / deß Antonii, Hertzogens zu Brubant / Vettern / Hertzog Philippo dem Gütigen zu Burgund / der Hertzog Johannis deß Unverzagten zu Burgund / vorgedachtes Hertzogs / Antonii Bruders / Sohn / gewesen / vermacht / und übergeben hat. Petrus Albinus in der Meißnischen Chronic / tit. 15. fol. 205. schreibet / daß Käyser Albertus II. (so Käysers Sigismundi, Hertzogens von Lüzenburg / einige Tochter Elisabeth / wie obgemeldt / zur Ehe hatte) An. 1439. Wilhelmo dem Dritten / Hertzogen zu Sachsen / und Marggraffen zu Meissen / (dem er sein ältiste Tochter Annam zur

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[221] Ehe gegeben) das Hertzogthumb Luzemburg / (als ein Reichs Lehen / und seiner Gemahlin Erbschafft / gegen einer Summa Gelts / wie andere sagen) zugesagt / und solches hernach Keyser Frideric. bestättiget: Aber Anno 1444. hab es ihme der Hertzog von Burgund mit Listen eingenommen / und hernach mit Gelt abgelöst. Ist also förters bey diesem Hertzog Philippo, und seinem Sohn / Carolo dem Kühnen / verblieben / dessen einige Tochter Maria, Käysers Maximiliani I. Gemahlin / es hernach an das Ertzhauß Oesterreich gebracht hat / deme es / und zwar dem König in Spanien jetziger Zeit noch gehörig ist.


II. Namur / Namen / ein berühmte Graffschafft / so unter die 17. Niederländische Provintzen gezehlet wird / und den Namen von ihrer Haupt-Statt Namur hat. Sie ligt zwischen Brabant / Hennegöw / Luzemburg / und dem Stifft Lüttich. Ist nicht groß / und bergicht / aber lustig. Es gibt Eisen- und Bley-Bergwerck darinn; Item / rothen / und schartzlechten Marmor / so wie ein Jaspis außsiehet; wie auch Steinkohlen zum brennen. Hat auch die 182. Dörffer / aber nur 4. Stätte / namlich Namur / Bovines, Charlemont, und Vallencourt. Item 7. Vogteyen / davon Joann. Baptista Grammaye, in seinen Antiquitatibus Namur. zu lesen. Es hat auch da viel Klöster. Die vornehmste Flüß seyn die Maas / und Sambre. Hat schöne Wälde. Der Lufft ist gesund / und temperirt. Gibt viel Wildpret und Fisch da. Die Inwohner seyn wol erzogen / und getrew. Ihre Spraach ist grob Frantzösisch. Der Stände seyn 3. der Geistliche / der Adel / und die Stätte. Unter den Geistlichen ist der Bischoff und Apt zu S. Marien in Namur; Etliche Aebte und Pröbste / und darunter der Probst zu Audenne, S. Aulbain und Walcourt; wie in dem neuen deß Joannis Janssonii Atlante stehet. Philippus der Gütige / Hertzog zu Burgund / hat solche Graffschafft / von Graff Hansen / (den theils Dietericum heissen) von Namur / (dann dieses Land lange Zeit eigne Grafen gehabt /) der keine Kinder hatte / erkaufft; wie Aubertus Miraeus, in seinem Chronico, zum 1428. Jahr schreibet.


Auf diese kurtze beeder Länder Beschreibung / folgen nun die vornehmste Oerther im Hertzogthumb Luzemburg / und der Graffschafft Namur / nach dem A/B/C als.