Topographia Electoratus Brandenburgici et Ducatus Pomeraniae: Cammin

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Topographia Germaniae
Cammin (heute: Kamień Pomorski)
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aus: Matthäus Merian (Herausgeber und Illustrator) und Martin Zeiller (Textautor):
Merian, Frankfurt am Main 1652, S. 36–39.
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Cammin /

Von dieser Bischofflich-Pommerischen Stadt schreibet Johan. Micraelius lib. 6. Pomer. p. 611. seq. also: Die Cammin von Camenitz in Polen / da auch ein Bischoff residiret / und das den Namen von einem steinern Hause hat / nicht zu unterscheiden gewust / haben gemeinet / daß Cammin unter den Ertzbischoff von Gnesen gehöre / dahin Camenitz gelegen ist. Unser Pommerisches Cammin aber ligt sub latitud. 53. 48. et sub lonigtud. 39. 0. an der Divenow / und ist schon zu Bischoff Ottonis Zeiten ein Hofflager Wartislai I. gewesen / hernach zum Bischoffssitze gewidmet / und als sie von den Dänen verstöret / von Barnimo I. wieder auffgebauet / und mit Lübischen Rechte begnadet. Im Jahr 1221. hat Otto / Wartislaff / und Barnimb / diese Stadt dem Stifft Cammin auff etliche Jahr verkaufet / aber sie ist im 1355. Jahr wiederumb von dem Bischoff / durch Bogislaum / Barnimum / und Wattislaum / mit allen Pertinenzen / für fünff tausend Marck redimiret. Der Thumb dieses Orts ist mit Mauren / und Wällen von Wartislao IV. umbgeben / und befestiget. Die Praepositur daselbst bestehet in 9. Pfarren / und die Stadt muß zur Folge nach dem alten Anschlage 8. zu Pferde und 40. zu Fusse auffbringen. Wie diese Stadt sich vorzeiten wider den König in Dennemarck gewehret und andere Dinge mehr / sind / in der Histori (oben) zu lesen. In jetzigen Kriegen hat sie auch einen Brandschaden im 1630. Jahr gelitten / wie in der Histori gesaget ist. Hält drey Jahrmärckt / auff Reminiscere, Sontags nach Trinitatis, und auff Creutzerhebung. Biß hieher der Autor; welcher auch in den vorgehenden Büchern sagt / und zwar im 2. daß Bischoff Otto von Bamberg / der Pommern Apostel / von Stargard / nach Cammin sich begeben / da Fürst Wartißlaff / mit seiner Gemahlin Heila / Hertzog Heinrichs [37] deß Schwartzen auß Bayern Tochter / seinen Hoff hielte / und es daselbst dahin gebracht / daß nicht allein das Volck / und die Hoffeleuthe Busse gethan / und sich bekehrt / sondern auch der Fürste selber / der zwar ein Christe war / aber alle Heidnische Mißbräuche noch nit abgethan hatte / gutwillig seine 24. Kebsweiber / die Er biß daher / nebest seiner rechten Gemahlin / gehalten hätte / abschaffete. Welchem Exempel dann auch die andern / so viel Kebsweiber hielten / folgeten. Hieneben ordnete auch Bischoff Otto an / daß hinfort keiner die Neugeborne Töchterlein / die er nicht ernehren wolte / wie bißher in Pommern gebräuchlich gewesen / tödten solte. Ann. 1178. habe der König auß Dennemarck / das Schloß / und die Stadt Cammin / etliche Wochen sehr hart belägert / und ihnen mit stürmen und untergraben hefftig zugesetzt; aber / gleich wie vorhero auch / nichts außrichten können. Ferners / im dritten Buch schreibet er / daß Wartislaus V. Hertzog in Pommern / zugenandt Pater Noster / einsmal auff der Jagt / in eigner Person / einen Wysand (welcher nunmehr in diesen Landen unbekandt ist / aber sonst grösser als ein Uhrochs seyn soll) gefället / und die Hörner desselben in Silber gefasset / und eines davon in den Thumb nach Cammin verehret / das ander aber in seinen Schätzen / seinen Vettern zum Erbe / gelassen habe. Im 5. Buch meldet er / daß Anno 1629. bey Cammin / die Leuthe / auß Mangel der Speise / auß einem Kalckberge / kleine kalckichte Stauberde für Meel geschätzet / und Brod davon gebacken / dessen Probe viel glaubwürdige Leute gesehen / und gekostet haben. Man saget / wenn diese Art Brodtes solche Leuthe / die noch etwas im Vermögen gehabt / haben essen wollen / so sey es unschmackhafftig gewesen / aber den armen Leuthen sey es wol bekommen / sonderlich / wann sie unter einen Scheffel gut Meel / einen halben Scheffel gethan haben. Und daß die obgedachte Brunst im folgenden 1630. Jahr geschehen / da Cammin gantz abgebronnen seye: darauff der König auß Schweden solche Stadt / und andere Oerther in Hinter-Pommern / so die Käyserliche / nach dem sie zuvor alles öde / und wüste darin macheten / verlassen / eingenommen habe. Zu welcher Erzehlung wir / auß dem Teutschen Reißbuch / noch dieses thun wollen / daß albereit vor dem jetzigen Teutschen Krieg / und gedachter Brunst / Cammin für ein alte zerrissene Stadt / da fast mehr rudera, als palatia zu sehen gewesen / gehalten worden. Man fande da weder vom Fürstlichen Schloß / noch Garten / gantz keine Anzeig mehr. War auch der Dom aller alt / zerfallen / und nichts als die Kirchen darinnen man noch predigte / unterhalten. In der Sacristey waren noch etliche alte Kirchen Gewandt / ein Helffenbeinener Bischoffsstab / und ein Bischoffshut / den die Bischoff auffsetzten / wann man sie creirt. Darnach waren in einem alten grossen beinenen Trühlein / S. Cordulae Haupt / und Beiner / so von Cöln am Rhein dahin gebracht worden; wie auch in anderen Behalterlein andere reliquien, und Beinlein. Als An. 1643. der Käyserlich Obrist Cracau / auß Schlesien / in Pommern eingefallen / und sein Lager bey Belgrad gemacht; so haben von darauß / seine Soldaten / biß auff Rügenwald / Schlage / Stolpen / und der Orthen / gestreifft / auch / nach Eroberung Treptau / sich dieser Stadt Cammin / so nicht besetzt gewesen / bemächtiget.


Was das besagte Bisthum alhie anbelangt / so hat Bischoff Otto von Bamberg / als Er die Pommern zu bekehren sich unterwunden / etliche gelehrte Leut zu sich genommen / unter welchen ein Mönch / Namens Albertus / auß dem Franckenland bürtig / gewesen; welchen Er praesentiret / als das Pommerische Bisthum zu Wollin / oder Julin / von den Hertzogen in Pommern gestifftet ward / daß er zum ersten Bischof von ihnen angenommen / investiret / und confirmiret ward: welches Tituls er sich doch / so lange Bischoff Otto lebete / auß Reverentz gegen denselben / enthielt / und sich erstlich dessen / nach dem derselbe gestorben / zugebrauchen anfieng. Hat sonsten was noch übrig war vom Heydenthumb / zu Grimmen / Tribesees / und Barth abgeschaffet / und ist im Jahr 1158. den 17. Novembris / zu Wollin / gestorben. Seine Nachfolgende Bischöffe werden von obgedachtem Micraelio, im andern Theil deß dritten Buchs also gezehlet. 2. Conradus I. zu dessen Zeiten / [38] als die grosse Kriege wider Pommern vom König in Dennemarck zur Seewarts / und vom Hertzog Heinrich auß Sachsen zu Land geführet wurden / darüber auch Wollin in grosse Gefahr kam / also daß die Burger ihre eigne Stadt / damit sie dem Feinde nicht zustatten käme / anzünden / und nach Cammin fliehen musten / ist das Bisthumb ehe desselben Patronen / die Fürsten auß Pommern / ans Reich gekommen / dahin im Jahr 1176. verleget / und als Bogislaus, und Casimirus I. dem Capitel das Fürstliche Schloß Lübbin abtraten / sind gewisse Verträg auffgerichtet / daß / wann ein Bischoff verfiele / niemand / ohne der Fürsten / als der Patronen / consens, solte wiederumb eingesetzet werden. 3. Siegfrid. 4. Sigwin oder Sigerwin / den etliche Sigmundum heissen. 5. Conradus II. 6. Conradus III. ein Graff von Gützkow. 7. Wilhelmus. 8. Hermannus ein Graff von Gleichen. 9. Jaromarus Fürst in Rügen so das Städtlein Germen zum Stifft geleget. 10. Heinrich Wachold / zu welches Zeiten die Tempelherren in Pömmern außgerottet / und ihre Güter / als Rörick / Pensin / Wildenbruch / Banen / Bellyn / von den Hertzogen Wartislao IV. und Ottone, den Johanser-Herrn / oder dem Rhodiser-Orden geschencket / und ein Compter / oder Commendator, dahin verordnet. 11. Conradus. IV. 12. Wilhelmus, welchen andere Arnoldum nennen. 13. Friderich von Eickstädten. 14. Johannes, ein Hertzog auß Nider-Sachsen. 15. Philippus Lumbach von Rechenberg / oder Rehberg. 16. Bogislaus Hertzog von Pommern / zu dessen Zeit die Waldenser / so dem Pabst mächtig widersprochen / auß Pommern / und der Marckt getrieben worden seyn. 17. Johannes von Apulia. 18. Nicolaus von Bock. 19. Magnus Hertzog auß Nider-Sachsen. 20. Siegfried Bock von Stolpa; zu dessen Zeiten der Putzkeller Sect im Lande zu Barth entstanden / die etliche für Hussiten halten / nur daß sie mit falschen Aufflagen beym gemeinen Mann sind verhasset gemacht. 21. Henning Iven / oder Iwen / von der Stolpe. 22. Ludwig Graf von Eberstein / und Neugarten. 23. Martinus de Fregeno, ein Welscher / den etliche Martinum de Trigow, heissen. 26. Benedictus von Wallenstein / oder Waldstein / ein Böhmisch- oder Mährischer Freyherr. 25. Martinus Carith / ein Geschlechter von Colberg. 26. Erasmus Mannteuffel / von Arnhausen / beyder Rechten Licentiat / ein Lutheraner / 27. Bartholomaeus Swave / Hertzogs Barnimi in Pommern Cantzler; welcher aber / weil Er im Ehestand gelebt / wieder resignirte. 28. Martinus Weiher zur Leba Erbsaß / so Anno 1556. gestorben. 29. Johann Hertzog auß Pommern. 30. Casimirus Hertzog auß Pommern. 31. Franciscus Hertzog auß Pommern. 32. Ulricus Hertzog auß Pommern. 33. Bogislaus / Hertzog auß Pommern / und nebenst ihm Hertzog Philippus Julius auß Pommern / Coadjutor. 34. Ernestus Bogislaus, Hertzog zu Croja / und Areschot / Anno 1637. zum Bischoff erwöhlet / so der Evangelisch-Lutherischen Religion / wie das gantze Stifft auch / zugethan; dessen Reichs Anschlag / nemblich Monatlich 6. zu Roß / und 28. zu Fuß / oder 184. Gulden / sonsten die Inhaber deß Hertzogthums Pommern / zu erstatten hätten. Dann die Hertzogen auß Pommern solches Bisthum eximiren / als die das Jus Patronatus über Kirchen und Schulen / regia manu, in gantz Pommern / als Stiffter / und Erbauer / an sich gebracht zu haben / vor diesem / in denen deßwegen entstandenen Strittigkeiten / dociret wie dann solches Stifft auch keinem Ertzstifft unterworffen ist; davon man aber den angezogenen Micraelium im 1. Theil seiner Beschreibung deß Pommerlandes / am 257. 479. 537. 544. 636. seq. 655. und im 2. Theil am 225. 226. und sonderlich am 435. und folgenden / auch am 442. und 443. Blättern / nach längs lesen kan: Alda man / unter andern auch / daß die Bischöffliche Stiffts-Regierung ihre absonderliche Hof- und Consistorial-Gerichte / und ihre eigene Fundamental-Satzungen habe; der Bischoff vom Thumb-Capitel zu Cammin (so reich ist) inhalt ihrer Statuten / erwöhlet / und dem Landesfürsten denominiret / daß auch sein votum darüber gehöret / und ihme die Gewalt / ihn anzunehmen / oder zu verwerffen / gelassen werde; Item / das Er der Bischoff nebenst dem gantzen Stifft / (von dessen Städten / und andern / oben im [39] Eingang gesagt worden) / dem Landesfürsten / als Patronen / mit unterthäniger Reverentz Pflicht / Folge / und Dienst verbunden seye / und in den Reichs- Cräiß- und Landes Anlagen / den sechsten Theil deß Landes auff sich nehmen müsse; und daß er ein weisses Creutz im rothen Felde führe: Item daß den Thumherrn auff den Landtägen / und andern Zusammenkunfften / der Vortritt gebüre / die viel grosse Praebenden haben / und was dergleichen / als wie / vor der Reformation / die Camminische Bischöffe ihr Confirmation, und investitur immediatè vom Papst geholt / und anders mehr ist / finden wird. Und mag man davon in gleichem D. Daniel Cramern / in der Pommerischen Kirchen-Histori / auffschlagen. Was aber / wegen dieses Bisthums bey den General-Friedens-Tractaten in Teutschland / verordnet worden / und Anno 1648. in dem Reichs-Friedenschluß einkommen / davon ist oben / im Eingang dieses Buchs / in der Beschreibung Pommern / Bericht geschehen.