Topographia Hassiae: Eschwege
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aus Topographia Hassiae, Text von Martin Zeiller, Illustrationen von Matthäus Merian | ||
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Diese Nider-Hessische Fürstlich. Statt
Eischwiga wird mit ihrem alten
Nahmen Eschenewege genannt / vielleicht von
den Eschenbäumen / so deß Orths häuffig
gestanden. Ist ein alte vnnd zimlich grosse
Statt an einem sehr anmüthigen Ort / vnd
am Vfer deß Schiff- vnnd Fischreichen
Wassers Werra gelegen / auff welchem das
Kraut / die Wayd genannt / so das Land
Thüringen häuffig trägt / sampt der Farb
darauß gemacht / ein Meyl wegs von
Eschwege zu Schiff geladen / vnnd nach
Münden / ferners auff der Weser nach Bremen /
vnnd in das gantze Ostland geführet wird.
Carolus der Grosse / soll Eschwege
entweder erbawet / oder mit einer Mawer
vmbfangen / vnnd auff S. Cyriaci Berg das
Nonnen-Closter / darinn jetzt die Schul ist /
auffgerichtet haben. Hernach als sie durch
die Hungarische Krieg zerstöhret worden /
vnd zu grund gangen / hat ihr Käyser
Heinrich der Ander / vnd der Heilige zugenandt /
wider auffgeholffen / sie mit newen
Gebäwen vermehret vnd bereichert. Im Jahr
1387. ist diese Statt / in dem Krieg / welchen
der Ertzbischoff zu Mäyntz / mit dem
Land-Graffen geführt / an Hessen kommem: Vnd
hat Anno 1581. LandGraff Wilhelm in
Hessen das Fürstliche Hauß allhie auffs
herrlichste / mit prächtigen Gebäwen /
ernewren / vnd LandGraff Moritz Anno 95.
mit kunstreichem Mahlwerck zieren lassen.
Die Kirch zum H. Geist ward Anno 1433.
gestifftet. Hat ein feine Pfarrkirch in der
alten Statt; vnd in der Newstatt ist S.
Catharinae Kirch; der Spital aber in dem
Augustiner Closter. Hat auch ein feines
Rathhauß / Weinkeller / vnd Kauffhauß. Die
Mühl bey dem Schloß hat zehen Gäng;
vnd der hohe Thurn zu S. Niclaus ist An.
1455. auffgeführt; vnd die steinerne Brück
nechst bey der Statt A. 1536. die aber nechst
beym H. Geist A. 1544. Wie auch A. 1578.
vnd 80. das Hochzeit Hauß / vnd der Keller
darunder; Item An. 1596. der newe
Gasthoff / vnnd im Jahr 98. die Apotheck
erbawet worden. Anno 1558. hat man einen
Stollen / etlich hundert Ruthen lang / durch
einen Berg geführet / ein Bronnenwasser
auß dem Krötenpful / zu erhaltung eines in
Fewrs Gefahr nöthigen Teichs / dardurch
zu leyten. Dann es im 1555. Jar zuvor / sonderlich
[43] aber Anno 1499. den grossen Holwigsbrant
allhie gehabt. Hat auch in den
Jahren 1559. 93. vnnd 1594. allda gebronnen.
Anno 1598. ist der Gotts-Acker vor dem
newen Thor erweitert / vnd mit einem Baw
gezieret worden. Anno 1596. ist allhie ein
StrassenRäuber / welcher / ausserhalb
seiner vnzahlbaren Dieberey / 55.
Mordthaten begangen / hingerichtet worden.
Dilich. in Chron. Hassiae. Ens in
delic. apodem. per Germaniam, pag. 221.
etc. Anno 1375. zog Hertzog Otto von
Braunschweig / Ott der Böß genandt / vor
Eschwege auff Judica, ward aber
wunderbarlicher Weiß abgetrieben / daher viel Jar
auff Judica ein Bettag gehalten worden /
wie J. Beccherer in Thüring. Chronic.
pag. 353. erzehlet. In dem jetzigen
Teutschen Krieg ist diese Statt viel innen
worden / mit ihrem Schaden. Im Jahr 1632.
ist sie vom Keyserl. General Pappenheim
eingenommen worden / wie Meteranus
lib. 49. berichtet. Als A. 1640. der
Schwedische General Johann Banner zu
Creutzberg / vnnd dort herumb / alles wol
auffgezehret hatte / nahm er im Eingang deß
alten Junij / den weg hieher auff Eschwege /
vnnd bliebe daselbsten so lang still ligen / biß
auch nichts mehr zu bekommen war. In
welcher Zeit eine Stimme 2. Nachte nach
einander / vmb den 10. 20. Julij / von den
Schildwachten gehöret worden / die laut
geruffen / Fort / Fort / Banner / Fort / nun
ist es Zeit. Tom. 4. Theat. Europ. fol.
384. 392. seq. Das Schloß an sich
selbsten ist gantz von Steinen ziemblich hoch /
aber nicht gar weitläuffig. Gegen
Nordwesten / vnd NordOsten / ist es zugebawet;
hat gleichwol schöne Gemächer / vnd Säl /
vnd zwar die menge / auch vnden zur
Haußhaltung alle gehörige Bequemlichkeiten /
vnd Zimmer. Es waren vor der grossen
Verwüstung deß Jahrs 1637. so viel
schöne kunstreiche Gemälde / in solcher menge
beysammen / die in andern Fürstlichen
Häusern nicht zu finden / die aber damaln /
von den Kriegsleuten mehrentheils
entfrembdet worden seyn. Gegen Sudwest /
vnd Sudost / ist es offen / doch der Hof mit
einer hohen Mawren / auff welcher / der
Länge nach / schöne lustige Altanen seyn /
verwahret. Im Sudeck / zwischen beyden
Altanen / ist ein hohes viereckichtes Gebäw /
dz Pavillon genennet / so in form eines
viereckichten Zelts ist / vnd daher den Nahmen
hat. Worinnen auch ein schön raumlicher
Saal / vnd etliche Gemächer. Man kan
von diesem Schloß vbers Wasser / in die
ebene / vnd vollents an die Weingärten /
vnderm hohen Meinhardsberge / gegen dem
Eischfelde / an der Gräntze gelegen / das Hauß
Griefstein vnd dz beruffene Closter
Gehülfensberg / sehen. Vnd hilfft das Außsehen
vermehren / der zusammenfluß deß oberhalb
der Statt zertheilten Werra-strohms / wie
auch das Gesichte auff die Schlacht / vnd
Vachte / wordurch die grossen schweren
Schiff hinauff gewunden / vnd darnach auff
der Schlacht außgeladen werden. Hinterm
Schloß hinumb / ligt ein grosser weit
vmbfangener Lust: vnd Baumgarten / alles mit
einer hohen Mawren vmbfasset; inwendig
aber mit schönen steinern gehawenen
Bildern / Springbrünnen / Gängen / vnd
Hütten / gezieret: vnd ist ein vberauß trefflicher
Vorraht an allerhand herrlichen
Obstbäumen / vnd Gärten-gewächsen / allda. Zu
ooberst / am ende deß Baumgartens / ligen /
auff jeder Ecken / sehr lustig / erhabene / vnd
gedeckte Rundelen / vnd oberhalb dem hohen
gähen Vfer der Werra / ein gantz steinern
Lust: vnd Gartenhauß. Das Wasser in den
Springbrunnen wird durch sonderliche
Kunst / auß der Werra / den Berg hinauff /
auff einen Thurn / neben dem Schloß / an
einem Statt-Thor gelegen / geführet; von
dannen es in Teuchlen / wider zu solchem
Springbrunnen herab fält. Die Statt
(so der Statt Cassel / im vmbkreiß gleich
seyn solle) war vorhin von herrlichen
Gebäwen / vnnd schönen / stracken / vnnd
breyten / reinlichen Gassen / darinn ein
Bächlein durch vnnd durch leufft / insonderheit
war da ein schönes gantz steinernes langes
Rathhauß / vnnd ansehenlicher Marcktplatz;
deßgleichen ein mehrertheils auch von
Stein gebawtes Hochzeithauß / darinnen
ein viereckichter Hoff / der schönen Kirchen /
vnnd Clöster / zu geschweigen; deren es 4. in
dieser Statt hatte / als zu S. Dionysii vnnd
Catharina / so Pfarrkirchen; vnnd zu S.
Augustin / vnnd Cyriaco, so Clöster. Es
hat auch bey dem Closter S. Augustini, in
dem Hospital / ein sehr schöne hohe Kirchen
gehabt; Aber es ist alles in obgemeltem
1637. Jahr / in den grund abgebrant worden /
[44] das von tausend Fewerstätten / vnnd
vorgedachten stattlichen Kirchen / vnnd
Stattgebäwen / mehr nicht vbrig stehen
blieben / als die Kirche zu S. Catharinen /
vnd auff dem Berge / so in der Statt ligt /
das Closter Cyriaci, welches zur
Schulen gebrauchet wird; Item / das Hochzeithauß /
vnd sonst noch etliche wenige Häuser /
hier / vnd dar / in der Statt. Der schöne
Thurn zu S. Niclas ist auch biß auff den
vndersten Vmbgang herunder gebrant /
vnd die schöne Glocken zerschmoltzen; vnnd
ist sonderlich grosser Schade vor die
schöne gezierte Kirchen zu S. Dionysio
gewesen. Jenseit der Brucken / (so gantz von
Steinen / vnnd darüber eine starcke
Landstraß gehet / solche aber / vmb deß
vnderschiedenen Flusses deß Werrastrohms
willen / in 2. oder fast 3. theile getheilet ist)
liget eine Vorstatt / mit etlichen Lohe: vnnd
andern Mühlen; welche stehen blieben /
vnnd wunderlich erhalten worden seyn;
die schöne / herrliche Mühl aber in der
Statt / von eylff Mahlgängen; vnnd die
Wasserkunst / so alle zu nächst vnderm
Schlosse gelegen / seyn auch eingeäschert
worden. Zu verwundern ist es / daß das
Fewer nicht auch das Schloß / daß doch
voll mit Stroh gewesen / ergriffen hat. Es
hat sonst diese Statt einen vberauß trefflichen
Frucht: vnnd den besten Weinwachs /
welcher auch / in guten Jahren / den
Francken: vnnd theils Rheinischen Wein
vbertrifft; Item / ein sehr stattliche
Gewerbschafft. Sie ligt in einem gantz weiten
Felde / massen es nicht allein allhier /
sondern fast am gantzen Werrastrohm / wenig
Gehöltze / sonderlich hohe Wälde / gibt /
wegen des Saltzwercks zu Allendorff / in
Soden / dahin das Holtz gebraucht wird.
Das Ampt Eschwege ist eines der grösten
im Lande / in etlich vnnd zwantzig Dorffschafften
bestehend / so seinen absonderlichen
Nahmen Bielstein hat / wegen eines alten
Schlosses dieses Nahmens / so darinn am
Kupferbach / auff einem hohen scharpffen /
vnnd gähen Felsen / gelegen / vnnd welches
Hauß / vnnd Ampt / Bielstein / dabevor
eine sonderliche Graffschafft / vnnd
Vestung / gewesen / da gegen vber / Jenseit der
Werra / das Schloß Fürstenstein / den
Dieden zuständig / ligt. In diesem mehrentheils
zwischen dem starcken Fluß Werra /
vnnd dem sehr hohen Berg Meißner /
gelegnen Ampt / wächset auch viel stattliche
Frucht / vnd sein die Vnderthanen mehrertheils
Fuhrleuth / welche von einer grossen
Statt / zur andern / fahren / Wein / vnnd
allerhand Wahren / ins Land; dagegen das
Saltz häuffig hinauß führen. In dieser
Gegend ligt auch dz alte Closter Germeroda /
so aber nicht erbawet. Zu nächst an diesem
Ort ist vorermelter hoher Berg Meißner
gelegen; welcher vor den allerhöchsten / vnd
vnnd grösten / im gantzen Lande / gehalten
wird. Ist wol zu sehen / erstlich wegen seiner
höhe / vnnd trefflichen Prospects; darauff
man nicht allein das gantze Nider-Fürstenthumb
Hessen; sondern auch das Thüringische /
Eischfeldisch / vnnd mehrertheils
Braunschweigische; wie auch Ober Hessen /
vnd biß in das hohe Waldeckische / vnd
Cöllnische Gebürge / vnd hinauff ins Stifft
Fulda / vnnd Francken / sehen kan. Dieser
Berg ist als eine sehr stattliche Wildbahne
gewesen / aber / auff bitt der Vnderthanen /
denen das Wildprät vbermässigen schaden
gethan / veröset worden: doch gibt es daran
noch viel Reher / zu weilen wilde Schweine;
dabevor auch Beeren. Oben auff dem
Berge hat es einen Raum / fast drey viertel
Meyl wegs lang / vnd viel tausendt Acker
breyt Wiesen / auff welchem schönes Graß /
so fast einen Menschen bedecket / wächst /
vnnd daher / in Friedens Zeiten / an diesem
Berge / eine treffliche Viehezucht ist. So
wachsen auch allerhand stattliche Kräuter /
an diesem Berge / in den Gebüschen / zur
Artzney / als auch im Lustgarten / dienlichen /
deren theils von den Alten / Andere
aber noch nicht beschrieben seyn. Oben vff
diesem Berge hat es auch stattliche
Brunnen / vnd Quellen; welche mit grossem
Geräusch / durch die vielen Steinklippen /
hinab fallen: in den Gründen aber werden
darinnen stattliche Forellen gefunden / als
sonderlich die Vierbach / die Kupferbach /
Riederbach (welche sich in die Wohra
ergiessen /) vnnd Linderbach / so sich hernach mit
der Gelster vermischet. Gedachte Wohra /
ob Sie zwar nicht vnter die Ströhme zu
rechnen / ist Sie doch nicht zu vergessen. Sie
entspringt im Ampt Liechtenau / beym
Dorff Rommeroda / am Hirschberge / gegen
[45] dem Meißner vber gelegen. Vnnd
weil dieser Meißner vnden so weit vmb sich
greifft / vnd viel Vorgebürgs hat / muß die
besagte Wohra vmb ihn / biß auff ein
vierten theil nahe herumb lauffen / ehe Er in die
Werra fället / welches eine halbe Meyl
vnder Eschwege / bey dem Dorff Niedern
Hohna geschiehet. Vmb solches
wunderbaren weiten vmbflusses willen /
verursachet diese Wohra / auff jener seiten / ein
vberauß grosses weites Thal / welches fast
den halben theil Landes / zwischen der
Werra / vnd Fulda / in sich zeucht / darinnen das
Ampt Sontra / dabey mehrentheils die in
selbigen Orths Beschreibung gedachten
Edelleuts-Gerichte; theils Ambts
Spangenberg; die Statt Waldcapell / vnnd die
meisten Dörfflein deß Ambts Liechtenau /
gelegen seyn. Vnd hat ermelter Fluß viel
andere starcke Fischreiche Bäche in sich fallen;
Er selber auch gibt allerhand Gattung
stattlicher Fische. Ferners / hat es auch
oberhalb vorermeltem Closter Germeroda /
ein sehr tieffes wolerbawtes Kolen
Bergwerck / welche Steinkolen ins Saltzwerck
geführet / vnnd darzu verbraucht werden.
Diese Kolen führen einen sonderlichen
Schwefel mit sich / doch kan man darbey
schmieden / so bey andern Steinkolen nicht
zu thun stehet; Von dem Schwefel aber /
durch welchen die Natur die Steinkohlen
zu wegen bringet / hat sich / vor Jahren / der
Berg entzündet / daß man das Fewer / vnnd
Dampff oberhalb den Stollen / noch
heutiges Tages / sehen kan / sonderlich / wann
eine Veränderung deß Wetters vorhanden /
reucht man diesen grewlichen Brand
noch gar eben; man sihet auch / zwischen
einem Wacken-Felsen / deren es viel hat /
einen Dunst / oder dünnen Rauch /
auffsteigen. Bey dem Hauß Bielstein / hat es
auch Kupffer-Bergwercke / dahero der
daselbst vorüber fliessende Bach / den
Namen hat.