Topographia Hassiae: Schwalbach

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aus Topographia Hassiae, Text von Martin Zeiller, Illustrationen von Matthäus Merian
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Schwalbach.


Zvgenannt LangenSchwalbach / ein der Zeit Herrn Landgraff Ernsten zu Hessen / Casselischer Lini gehöriger / vnd in der Graffschafft Nider-Catzenelenbogen / zwo grosse Meylen von Mäyntz / vnnd Wißbaden / fünff von Coblentz / vnnd sechs von Franckfurt / gelegener Fleck / vnnd weitberühmbter Sawrbrunne. Zwischen dem Rhein / Rhingaw / der Graffschafft Nassaw-Dillenberg / vnnd Nassaw-Idtstein / vnnd Dietz / ligt die Nider Graffschafft Catzenelenbogen / ein Bergig Land; hat aber am Rhein ein herlichen Weinwachs / vnnd im Land gut Getreyd / vnnd viel heylsamer schöner Sawerbronnen. Die fürnembste Häuser / vnd Stättlein / darinnen seyn / Rheinfelß / Braubach / Hohnstein / Catzenelenbogen / Reichenberg / S. Goar / vnd New-Catzenelenbogen. Es wird diese Graffschafft auch der Herrich / oder Einrichia terra, genant. Hohenstein ist ein altes Schloß auff einem hohen spitzigen Felsen / welches Anno 1647. die Nider-Hessischen vff Gnad vnnd Vngnad erobert haben / in dessen Bezirck auch das vhralte StammHauß Catzenelenbogen / vnnd der Fleck LangenSchwalbach / Item das Stifft Bleidenstatt / vnnd der Fleck Berstatt / (davon vnden) ligen. Bey Alt-Catzenelenbogen ist vnden ein Flecklein: auff der Seiten seyn auch Häuser / sampt einer Kirchen; vnd fleusset an dem Schloß Hohenstein die Arde hin / an welches Wasser Graff Wilhelm zu Catzenelenbogen Anno 1371. Burg Schwalbach erbawet hat; darvon in der Limpurgischen Chronic / fol. 51. zu lesen.

Besagtes Langen-Schwalbach ist ein schöner vnnd beruffener Fleck / wegen der vielen Sawerbrunnen / so daselbsten entspringen / vnd ligt in dem Refier / welches man die fünffzehen Dörffer nennet. Der Edlest / allerbest / vnd heylsambst vnder allen Sawerbrunnen ligt bey diesem Flecken im Müntzebach / einem lustigen Wiesengrunde / vnnd entspringt daselbsten / mit einem siedenden Getöß / vnd auffwallen / von Farben schön / hell / vnnd durchsichtig / wie ein Cristall / im Sommer sehr kalt / im Winter aber lawlecht. Ist lieblich / vnnd anmütig / vnd gibt im trincken einen Geschmack eines säwrlichen newverjarnen Weins. Derowegen er auch der Weinbrunn pflegt genannt zu werden. Je heller der Himmel / je kräfftiger die Würckung / vnd Geschmack / etc. Es hat im Ampt Hohnstein auch Eysengruben. Vnnd ist da das MünchsCloster / jetzt Land-Hospital Gruna / so eines auß den vier hohen Hospitalen; dabey auch ein Sawerbrunn; vnd ligt ein halbe Meyl von diesem Closter der alt vnnd schöne Fleck Nastede / wie auch das Dorff Holtzhausen / bey welchem ingleichem ein herrlicher Sawerbrunn. Der Schwalbacher Sawrbrunn geht allen andern vor / wie selben sehr weitläufftig D. Dieterich von seinem Patria Tabernemontanus genant / vorlängsten beschrieben. Nach diesem hat auff Ihr Fürstl. Gnad. Herrn Landgraff Georgens Befehl ihn vielfaltiger Chimischer weiß probirt / vnd in einem Lateinischen Discurs beschriben D. Helvicus Dieterich / damaliger Landgräfflicher Leib-Medicus / jetzo bey ChurBrandenburg in Diensten. Nachgehends hat ihn auch Herr D. Hornick beschriben / so nicht allein auß obbemelten das meiste gezogen / sondern auch selbst viel darzu gethan. Auß allem ist der Extract folgender massen zu vernehmen:

Langen-Schnwalbach / der wegen seiner fürtrefflichen heylsamen Brunnen / vnnd Bädern / berühmbte Fleck / ligt in

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[123] Herrn Landgraff Georgen zu Hessen Gebiet / nemblich in der Nidern Graffschafft Catzenelenbogen / zwo grosser starcker Meyl von Mäyntz / vnnd Wißbaden / 5. Meyl von Coblentz / etwas weiter von Trier / vnnd 6. Meyl von Franckfurt am Mayn. Hat seinen Namen von Schwalben / vnnd denen Bächen / so theils durch / theils vmb den Flecken fliessen / bekommen; gestalt solches auß den Wapen / dessen sich selbiges Gericht gebraucht / auch an Vhrzeigern / vnnd andern Orthen / offentlich angemahlet / gefunden wird / abzunehmen / vnnd wird Lang genennet / damit er von andern Flecken Schwalbach / so an der Höhe / nicht fern von Königstein / Cronberg / vnnd sonsten / ligen / als Burg-Schwalbach / Klein-Schwalbach / vnderschieden werde: Sintemahl Langen-Schwalbach (Ober vnnd Vnter Fleck zusammen gerechnet) ohngefehr 1400. Schritt lang ist / vnnd allenthalben mit trefflichen hübschen Wiesen / anmüthigen Thälern / lustigen Bergen / schönen Hügeln / fruchtbahren Aeckern / etc. vnnd Bächen / also vmbgeben / daß man sich nach aller Hertzens Begierde darinnen / vnnd darbey / erspatzieren / vnnd erlustiren kan. Ist das Haupt der 14. Dorff.

Die Lufft ist so gesund / vnnd gut / daß beydes Menschen vnd Viehe / sich sehr wol darbey befinden / vnnd an Alter / vnnd Stärck / vor andern zunehmen. Die Einwohner brauchen zum täglichen Tranck den Linden-Brunnen. Seynd gemeiniglich magere / doch gesunde starcke Leuth / vnnd höret man nimmer / oder doch ja wunder selten / einen der ihrigen vber Flüß / Hauptschmertzen / Magenwehe / Hitze der Leber / Miltzes / Verstopffung / Stein / Fieber / etc. sich beklagen.

Das Fleisch (bevorab von Hammeln) ist auff viel Meyl wegs nicht so lieblich / als daselbst / ohn zweiffel / weiln das Viehe der kräfftigen Kräuter / vnnd Blumen / bevorab deß Quendels / welcher in grosser Menge allda auff den Bergen wächset / geniesset.

So darff man sich auch / wann es schon in der grossen Sommer-Hitz ist / keines stinckenden Fleisches besorgen: Dann wann man das frische Fleisch in einen Keller thut / darinnen sich Dünste / vnnd Spiritus, von Sawer-Bronnen befinden (innmassen dann solcher Keller in Schwalbach viel seynd) so bleibt es schön / frisch / vnnd gut / wachsen auch keine Würme darinnen. Ebner gestalt bleibt kein Wurm in den Käsen / wann sie in solche Keller gethan werden; sondern springen darvon / vnd sterben; Wie dann von solchen Dünsten auch wol Vögel im Flug / so man sie hinein läst / ersticket werden. Ja / keine Ratte / Mäuß / Fliege / oder Schnacke / darff sich herbey machen / wann sie lebendig bleiben will. Also werden / so weit die Sawrbrunnichte Spiritus sich außbreiten / keine Schlangen / Blindschleichen / Eydechsen / Krötten / oder andere gifftige Thier / vnnd Vngezieffer / innsonderheit was von Fäulnuß wächst / gefunden.

Das Brodt ist solches trefflichen Geruchs / vnnd Geschmackes / daß man es auff etliche Meyl wegs herumb / da doch sonsten auch sehr gut Brodt zu finden / zum Praesent verschicket.

So hat man allda junge Hanen / vnnd Hüner / dergleichen Eyer / Butter / Vögel / etc. in der Menge; Wiewol bey dem Kriegswesen solche Menge / zusampt andern nothwendigen Sachen / als Bethtungen / Haußrath / etc. sehr gering worden.

Von Fischen hat man Forellen / Krebs / Salmen / Grundeln / etc. Dann das Wasser / wie es von der Müntzenbach / da die stärcksten Sawerbronnen seynd / herab fleust / verlieret seine säure vnd schärpffe / zusampt dem Liechtrothen Minerischen Schleim / also / daß man Fisch darinnen findet; obwol auff etliche Schritt darvon / oder an dem Vrsprung / keine Fisch gefunden werden; sondern / wann man sie / oder auch Krebs / Frösch / etc. daselbst hinein wirfft / sie ersticken / vnd sterben.

So ist an andern Victualien auch kein mangel / ohne an etlichem Gemüß / welches aber doch die Brunnengäst / nach genügen mit sich zu bringen pflegen.

Die Herbergen werden von Tag zu Tag gebessert / vnd ändern auch die Einwohner von Tag zu Tag ihre Sitten / daß sie den zukommenden Brunnen- vnd Badgästen je länger / je mehr / allen gutten Willen / Dienst / vnnd Handreichung mit Betthwerck / Küchengeschirr / etc. der Nothturfft / vnd ihrer Vermöglichkeit nach / vmb billiche

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[124] Belohnung / also leisten / vnd erweisen / daß niemand / der sich nur begnügen lassen will / zu klagen haben mag.

Es befinden sich inn / vnnd vmb Langen-Schwalbach / vnderschiedliche Sawerbrunnen / deren jeder seinen besonderen Namen hat; Als:

1. Der Linden-Brunnen / von einer Linden also genandt / der wird von den Einwohnern / weiln er am nechsten gelegen / mehr als die andere / wie oben albereit gemeldt / zum Tranck gebraucht. Vnnd ob er zwar / wann er eine Nacht in wolvermachten steinern Krügen (in Gläsern hält er sich nicht / weil er propter spirituum copiam sie zerreist) in einen Keller gestellet wird / besser / stärcker / vnd lieblicher / zu trincken ist / als wann er erst frisch geschöpffet worden / bleibet er doch im vber Feld führen bey weitem nicht so lange gut / als der Weinbrunnen. Sonsten ist er / wegen daß er mehr Mineralischen Lettens / vnd Schieffers / in sich hält / äusserlichen zu gebrauchen dienlicher / als andere Sawerbrunnen / vnd laxiret sehr.

2. Der Stockbrunn / welcher ohngefehr zwantzig Schritt von jetzt besagtem Lindenbrunnen / den Flecken hinauff / ligt / kan zu äusserlichen Schäden / wol gebraucht werden.

3. Der Kochbrunn ist im vntern Flecken wie ein Schöpffbrunn eingefast / vnd wird / wegen deß Zuflusses eines andern süssen Wassers (dessen sonst wenig im Flecken ist) allein zum Kochen gebraucht / daher er seinen Nahmen bekommen hat.

4. Der Küchenhenßgenbrunn / von theils Küchenbrunn genannt / vnnd der die Müntzenbach hinauff / in einer Wiesen / auff ohngefehr fünffhundert Schritt gehens vom Weinbrunnen gelegen.

5. Der Augstbrunn / auch in gedachter Müntzenbach dem Wiesenthal hinauff / ohngefehr drey hundert vnnd achtzig Schritt / von jetzt berührtem Küchenhengensbrunnen ligend / vnnd der mit grossen Steinen eingefast / ist dem Wein-Brunnen zimblich gleich.

6. Der Sporeshoretz / oder Horesbrunn / auff dreyhundert Schritt von dem Augstbrunnen die Müntzenbach hinauff sich befindend / gleichet dem Weinbrunnen am meisten / daher ihn viel frembde Leuth / so selbiger Orthen hinauß wohnen / anstatt deß Weinbrunnens / der nähe halber / holen.

7. Der Grindbrunn vnderwerts am Ende deß Wiesenthals / die Rötelbach genant / nach dem Flecken biß auff hundert Schritt zu ligend / verursachet den Grind / vnnd heilet ihn auch wider: Ist wider flüssigen beissenden Grind / Frantzosen / etc. ein herrliche Artzney.

8. Der Katzenbrunn zwantzig Schritt von dem vorigen / ist in keinem Gebrauch.

9. Der Rötelbrunn von dem Rötelbach also genant / ligt auff vierhundert vnd zwantzig Schritt vom Grind-brunnen / wird in Haupt-Schwachheiten / vnd Flüssen / deßgleichen in dem weissen Mutterfluß / auffstossen der Mutter / etc. gebraucht.

10. Der Wein-Brunnen welcher vorbesagte Brunnen sämptlich vbertrifft; daher er auch zur Praeservation / vnnd Curation / Jährlich vor andern von viel hundert Persohnen besucht / vnnd gebraucht wird.

Er entspringt oberhalb dem ober Flecken / ohngefehr fünfftzig oder sechtzig Schritt davon / an einer schönen Wiesen / bey nahe am Ende der Müntzenbach auff der lincken Hand / wann man auß gedachtem Flecken bey dem Fürstlichen Schlößlein herkompt; vnden bey der Strassen / da man nach Wißbaden / vnnd Franckfurt reyset / auß einem Berg / mit einem lieblich anmüthigen / auch gleichsam siedenden Getöß; Die Adern vnnd Quellen seynd vber die massen starck / das Wasser selbsten / (im Sommer bevorab) sehr kalt / von Farben vberauß schön / hell / wie ein Crystall durchscheinend / zu trincken gar lieblich (wiewohl es einem Anfangs seltzam vorkompt /) am Geruch starck wie ein newer verjährter Wein / also daß man bißweilen meynet / man wolt niessen.

Solchen Geruch / beneben einem etwas BergCampherischen / vnnd Agtsteinischen / empfindet man auch / wann man es getruncken hat / vnnd auß dem Magen vber sich steigen läst. Dem Geschmack nach ist es trefflich frisch / schärpffend auff der Zungen / vnnd etwas Weinsäwerlicht; daher ihme auch der Name deß Weinbrunnens gegeben worden.

An. 1569. hat dieser Wein- oder Sauerbrunn / [125] wie weitläufftig Tabernae Montanus meldet / in rechten Gebrauch zu kommen angefangen. Allernechst bey diesem Brunnen ist ein ziembliche grosse Quell Sawerwassers außgebrochen / welche Herr Adolph / vnnd Herr Ernst Gebrüdere / Graffen zu Solms / etc. vor vielen Jahren sauber mit Steinen Platten einfassen lassen / auff daß das Volck / so den Weinbrunnen zu holen kommet / seine Gefäß zuvor darauß schwencken vnd säubern möge.

Also haben sie auch den / von dem sich weit außbreitenden Wasser / naß- vnnd sümpffigen Boden / rings vmb den Brunnen herumb / mit Platten belegen / vnnd pflastern; wie auch ferrner fast vmb den halben Theil deß Brunnens einen steinern Sitz / darauff man nieder sitzen / ruhen / vnd beydes für der Sonnen Hitz / vnnd dem Regen / sich beschirmen könne / gegen dem Berg zu / auffführen vnnd machen lassen / so vor etlichen Jahren wider ernewert worden. Vnnd wird der breyte Schopff vber diesem steinern Sitz an dem Brunnen Jährlich schön lüstig vernewert / vnnd mit frischen Meyen / oder Laub gezieret: Wie dann auch noch darbey ein wol auffgebauwet Häußlein / vnnd darneben eine grosse Hütte von lauter frischen Meyen gemacht / für hohe Persohnen / etc. vmb sich für der Sonnen Hitz / vnd Regen / desto baß verwahren / mit schiessen / etc. sich zu belustigen / oder aber auch absonderlicher Discurs zu pflegen.

Die auß der Müntzenbach zusammen lauffende Sawer-Brunnen machen eine zimbliche Bach / welche zu grosser der Einwohner Bequemlichkeit durch den Flecken fleust. Auß solcher trincket ihr Viehe; frembdes Viehe aber will darauß nicht trincken.

Je ferrner nun jetzgedachte Bach fleust / je süsser dz wird; also dz vnter einem gemeinen vnd wilden Wasser kein Vnderscheyd zu spüren / ohn allein / daß es ein wenig nach Eysen schmecket.

Besagter Weinbrunn hält vornemlich Eysen-Vitriol / alsdann gemeinen Vitriol / darnach Berg-Agstein / fürters Crystall / Saltz / Ocker oder Vger (ein gelbes Erdreich / daher es auch Berggelb / vnnd Ockergelb genant wird) vnnd Schweffel; Letztlich Alaun / vnnd Salpeter / wunderbarlichen durch einander vermischet.

Er ist weder zu hitzig noch zu kalt / er trucknet vnnd verzehret / zertheylet / löset auff / stärcket / in dem er zusammen ziehet / resolviret / waschet ab / eröffnet / purgieret / vnnd stopffet gleichwol auch den Bauch; Dannenhero vertreibet er so wol die kalten / als hitzigen Flüß deß Haupts / wie auch den Schwindel / Hauptwehe / schwer Gehör / rinnende Augen / vnnd die schwere Noth / oder hinfallende Sucht / bringet den Schlaff / vnnd dem Angesicht seine Lebhaffte Farb wider / stärcket das Zahnfleisch; dem vbrigen Schlaff / welcher offt im Tag kommet / wehret er mit gewalt.

Also verhütet er viel Lungen- vnnd Schwindsuchten / reiniget die Lung von zähem Schleim / ablöset / vnnd zertheylet / macht außwerffen / vnd ein leichten Athem / benimmet die Engbrüstigkeit; jedoch so fern die Lung nicht allbereit gantz / oder zum theil faul / mürb oder eytericht ist.

Er stärcket auch den blöden Magen / vnnd ist für allerley Magen-Schwachheiten; doch muß man in der rothen Ruhr vnnd in dem Grimmen verständig verfahren.

Ist herrlich in Leber-Schwachheiten / wider Wasser- vnnd Geelsucht / vnnd Miltz-Schwachheiten. Er stewret der Schwartzensucht / vnnd dem Schorbock. Wider die Hypochondrische stäts quälende Schwachheiten ist dieses Wasser vor andern ein extraordinari stattliche Artzney / welches bißhero viel tausend Menschen mit grossem Nutzen erfahren.

Er ist wider die Nieren / vnnd Blasen-Schwachheiten: Geburts-Glieder: Nerven: SennAdern-Schwachheiten; deßgleichen wider allerley Fieber / steuret dem Rothlauff / vnd der jenigen Hitz / so von zu viel Weintrincken entsprossen.

Er vertreibt auch ferrner allerley äusserliche Schwachheiten / auch den Außsatz / welcher noch nicht eingewurtzelt. Wider die Weibliche Schwachheiten ist er ein berühmbte Artzney.

Was die Bäder / oder den Prodelbrunnen / allhie anbelangt / so seyn es kalte Brunnenquellen / welcher Wasser [126] aber gewärmet / vnnd zu Baden / mehrentheils gebraucht wird. Solcher Bronnen seyn zu Langen-Schwalbach fürnemblich zwey / deren der eine der alte; der ander der newe; weil er newlich 1628. auff D. Gregorii Horstii angeben gegraben worden / recht vnter dem Schweffel Keller gegen dem alten vber / genannt wird. Beyde haben den Nahmen von dem Prodeln bekommen. Dann sie prodeln im vndern Flecken / gegen der rechten Hand zu / wann man vom ober Flecken herab kompt / vnder dem Kochbrunnen / mit einem solchen siedenden Getöß auß der Erden herauß / als wann etwan ein groß Fewer darunter were. Der alte ist vber neun Schuch tieff / vnd drey breit / hell / klar / durchsichtig / vnnd kalt / also daß man auch in dem Sommer den Wein darinnen zu kühlen pflegt. Hat von der Quellen einen solchen starcken trieb / daß er / dem ansehen nach / wol ein Mühl-Rad treiben möchte; doch laufft solch Wasser nicht auß; sondern wie es auff der einen Seiten herauß prodelt / also verliehret es sich auff der andern wiederumb; vnnd welches zu verwundern / bleibt der Brunn doch eben voll Wassers / lässet sich / wie auch der newe / in einer kurtzen Zeit außschöpffen / biß auff den Grund / vnnd wird kaum in Tag vnnd Nacht wiederumb voll.

Dann was die starcke Minerische / vnnd Metallische Spiritus, vnnd Schwädder / mit Gewalt / wie ein Wind herauß treiben / das verschlucket das Erdreich meistentheils wiederumb / derowegen es so langsamb mit dem Füllen hergehet.

Gedachte Schwädem seynd so starck / daß / wann einer das Angesicht darüber hält / vnnd etwan den Mund offen hat / ihm anderst nicht wird / als wann er ersticken müste. Wie in etwas bey dem Bollerbad gespüret wird / so sonst nach Schweffel starck ri[e]chet[ws 1] / wie das Abacher nach gerösten Eyern.

Gleich wie nun ein Fränckische Fraw von Adel / welcher bey ihrer Hochzeit Gifft beygebracht worden / darvon sie gantz an Händ vnnd Füssen / erlahmet / den Wein-Brunnen am ersten gebraucht; Also ist ein vornehmer Handelsmann von Heydelberg / Namens N. Heberlein: der erste Badgast gewesen / welcher seine Arm / so von dem Gifft sehr Contract waren / mit solchem Wasser fein warm vnnd fleissig / mit empfindlicher Besserung gewaschen.

Der newe Prodelbronn ligt nahe bey dem alten / vnd ist dem alten an Geschmack / Geruch vnnd Qualiteten gleich. In der Prob befindet sich zu forderst der Alaun / darnach Schweffel / zum dritten Salniter / oder Salpeter / zum vierdten das Crystall Saltz / zum fünfften der gemein Vietriol / zum sechsten der Eysen Vietriol / zum siebenden Kupffer Vietriol / zum achten das Erdbech / zum neunten ein kalckichte Erde.

Diese Wasser ändern sich nicht nach dem Wetter / wie das Berstadter vnnd ander Wasser / sondern bleiben in einem thun / wie das Margareten Bad in Nieder Baden.

Sie trücknen die Hauptflüß vber die massen; wehren dahero dem Schwindel / der Melancholey / Schlaffsucht / Schlag / Gicht / Zittern / Schweren Noth / sausen vnnd brausen der Ohren / dunckelen Augen / helffen der Mundfäul / wie auch Fäulung der Biller / vnnd vestigen die Zähn. Dem blöden / kalten / vnnd Schwachen Magen seynd sie / gleich wie auch allen von Erkältung geschwächten / vnnd erlahmbten Gliedmassen / ein berühmte Artzney. Innerliche obstructiones der Leber / deß Miltzes / vnnd Kröeßgeäders / öffnen sie sehr fein. Sie dienen vor Darmgicht / vnnd Grimmen / von kalter Materi; wie nicht weniger für Schwinden vnnd Abnehmen / wann nur kein Fieber darbey ist. Auch führen sie nit allein den Sand / Grieß vnnd sonsten zähen Schleim / sondern auch Stein in Nieren vnnd Blasen auß: Vertreiben die Geschwulst / so die Natur / nach Vberwindung einer Kranckheit / oder bösen Materi / auß dem Leib / in ein / oder ander Glied getrieben; wie auch die Wassersucht / wann sie nicht gar vberhand genommen. Sie heylen offene Geschwär / oder Schäden / sie seyen alt oder new; Ingleichem allerley Vnreinigkeit / Grind / Räude / beissen vnnd jucken der Haut / sampt dem Schorbock. Sehr viel Podagrämische / Contracte / erlahmte / etc. welche man in das Bad tragen vnnd heben müssen / seynd mit ihrer selbst eygenen grossen Verwunderung widerumb gesund worden: Wie auch einer am Bruch. [127] Wider der Gülden Adern Schmertzen / etc. seynd sie gleichfals sehr dienlich: Auch kommen sie allerley Weiber-Schwachheiten zu hülff / vnd machen fruchtbar / etc. vnd können zu vnderschiedenen Affecten auch getruncken werden / sonderlich in harten obstructionibus.

Die Responsa Medica de probatione, facultate, et usu Acidularum ac fontium Schwalbaci susurrantium, a celeberrimis aliquot Medicis ad D. Helvicum Dietericum etc. scripta, seynd zu Franckfurt An. 1631. in 4. getruckt.

Vnnd wird in solchem letztern Tractat auch deß Schweffel-Kellers allhie gedacht; von welchem ein günstiger Herr / vnnd guter Freund den 3. Augusti deß sechszehen hundert ein vnd viertzigsten Jahrs / also geschrieben: Wegen deß Schweffel-Kellers zu Schwalbach / hat es diese Beschaffenheit / welches ich selbsten gar vielmaln allda gesehen.

Es ist ein schlechter Keller in eine Bawren Hauß / beseits deß Fleckens / am Berg / welcher nicht sonders tieff ist / da man hinein gehet / vnnd sich eines Vatter vnsers lang saumet / fält / oder sincket man zu boden. Dann selbiger starcke Schweffelgeruch / so auß der Erden herfür kompt / erstrümpft den Menschen allen Athem / gleich wie der newe Most / so er giret / im Herbst in den Kellern thut / vnd sich darinn niemand saumen kan. Wann man sich aber gleich im hinein gehen mit dem Angesicht etwas zu der Erden bucket / so sticht der Schwebelgeruch dermassen in die Nasen / daß er vnerträglich ist / vnd sich nicht wol einer von einem End zum andern zu gehen trawen darff; wiewol der Keller klein ist. Da man ein Hun / oder Hund / oder ander klein Thier / an ein Schnur bindet / vnd es hinein wirfft / fält es bald in Ohnmacht / vnnd bleibt also für todt ligen; wann mans endlich mit der Schnur wider herfür zeucht / vnnd auff den Boden legt / da guter Lufft ist / vnd alsdann mit einem Geschirr voll Wassers begeust / so kompt seine LebensKrafft wider / vnnd laufft endlich wider davon. Diß hab ich / seint zehen Jahren / gar vielmahlen sehen probieren; Aber jetzunder ist dieser Keller / wie auch das Hauß fast verfallen / vnd kan man zur Stigen nicht mehr herunder kommen / vnnd ist selbiger Flecken nicht halber mehr bewohnet / wegen viel außgestandenen Einquartierens etliche Jahr vber nach einander / also daß in diesem Hauß / vnnd den andern da herumb / niemand mehr wohnet. Es ist aber / wie ich schreibe / wahr / dann ichs neben vielen hundert Menschen / selbsten alles gnugsamb gesehen.

Nicht weit von diesem Keller / an dem Berg / da gibt es einen feinen Echo / allda ein Höltzin Pfosten auffgericht / welcher gar klar antwortet / vnd vernimbt man drey oder vier Silben von dreyen Seiten. Es hat noch an andern Orthen daherumb viel Echo / aber dieser ist der beste. Es gibt viel Berge vnd Thal aller seiten; vnd die Leuthe / so allda die Brunn- vnnd Bad-Cur halten / haben offt daselbst ihr Kurtzweil / etwan mit Trompeten vnd anderm / etc. Auß welchem / vnnd auch dem vorgehenden / zusehen / daß vnsere Teutschen auch in ihrem Vatterland allerhand denckwürdige Sachen in Acht zunehmen / vnnd sie nicht so einen weiten Weg biß nach Puzzuolo im Königreich Neapolis, die Schweffel-Keller / vnd das Hundsloch / zu besichtigen / reysen dörffen. Es hat zu Langen-Schwalbach eine feine Kirch / vnd ein Fürstlich Landgräffisches Hauß.

Ehe vnd zuvor der Wein-Brunnen allhie bekandt vnd in Gebrauch kommen / haben sich die Einwohner oder Bürger dieses Orths / (wie sie sich nennen) deren vber die hundert Haußhaltungen es allhie gehabt / mit dem Tuchmachen vnnd Wollenweben ernehret / vnnd Jährlich ein grosse Anzahl Tücher verfertiget / solche in beyde Franckfurter Messen verkaufft / vnnd nicht geringen Nutzen geschafft; Nun aber seythero der Brunnen zu FriedensZeiten / in so grosser Anzahl Volcks / Jährlich den gantzen Sommer vber besucht wird / dahero dem Inwohner grosser Nutzen zu kommet / haben sie das Tucher machen allgemach fallen lassen / daß man anjetzo nit einen Wollweber mehr da findet; der Orth ist dahero gar schön vnd wol erbawet / mit vielen grossen vnnd bequemen Häusern vermehret worden. Anno 1632. vmb Johanni ist durch einen Soldaten ein Schuß nach einem Vogel geschehen / so ein StrohTach auff einer Schewren angezündet / davon in einer Stund 50. Gebäw in dem vndern Flecken abgebronnen. [128] Ein Stund von diesem Schwalbach ligt der Flecken Berstatt / so vor Zeiten / als die Römer Wißbaden bekommen / eine grosse Statt gewesem. Eine halbe Stundt davon ist eine Milchwarme Quell / dem Pfeffers Badwasser gleich: Der Ablauff solcher Quell / fället in ein fürfliessendes Bächlein / darinn viel Krebs gefangen werden / deren die ober der Quell im Sud roth / die andere vnder der Quell gefangene aber gelb werden. Dieses Bächlein theilet die ChurMäyntzische vnd Hessische Lande der Orths von einander / vnnd vnfern davon grentzen auch zweyer Graffen von Nassaw Lande mit diesen / dergestalt / da man in mitten dieser Grentzscheyduug einen Tisch setzen würde / vier verschiedene LandHerren / jeder auff seinem Grund vnd Boden / daran sitzen köndten.

Anno 1653. den 3. Septemb. New. Cal. ist allhie / zu Schwalbach / deß Herrn Philipp Wilhelmen / Pfatzgraffens bey Rhein / vnnd Hertzogens in Bayern / etc. zu Newburg Fürstlich Beylager / mit der Fräwlein Amelia / Landgräffin zu Hessen / Darmbstättischer Lini / gehalten worden.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Zeichen unleserlich
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