Topographia Hassiae: Wetzlar

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
  ← Wetter Wetzlar Wildungen →  
aus Topographia Hassiae, Text von Martin Zeiller, Illustrationen von Matthäus Merian
        Wetzlar in Wikisource              Wetzlar in der Wikipedia      
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Für eine seitenweise Ansicht und den Vergleich mit den zugrundegelegten Scans, klicke bitte auf die entsprechende Seitenzahl (in eckigen Klammern).


[T55]
[140]
Wetzlar.


Diese Reichs-Statt ligt in der Wetteraw / an einem fruchtbaren Orth / wo die Dille in die Löhn fället / ein Meyl wegs vnter Giessen. Ist ein alte Statt / von vielen Käysern mit besondern Regalien / Gerechtigkeiten / vnd Freyheiten begabet.

Es gab gleichwol Anno 1613. zwischen Herrn Ludwigen Landgraffen zu Hessen-Darmstatt / vnd dieser Statt / Streit / wegen der Erbvogthey / vnnd Schutz-Rechtens / vnnd hat damahlen die Statt einen Erb-Vogt eingenommen / vnd demselben geschworen / wie beym Meterano lib. 30. der Niderländischen Historien / zu sehen. Ihr der Statt Monatlich einfacher Reichs-Anschlag ist / acht zu Fuß / oder 32. Gülden / zum Cammergericht gab Sie vorhin Jährlich 17. Gülden 32. Kr. den Thaler zu 69. Kr. gerechnet. Jetzt / wie ich gelesen / nach der Vermehrung 29. Gülden / 10. Kr. 5. Heller. Als man schrieb An. Christi 1328. zohen Bischof Matthias / vnnd Graf Johann von Nassaw / der zu Dillenberg wohnet / mit gantzer Macht auß / zu beschädigen das Land zu Hessen. Da zog Landgraf Heinrich / Landgraffen Otten Sohn / ihnen entgegen / vnd kamen zu Wetzlar zusammen / vnnd stritten mit einander. Da blieb der von Nassaw todt / vnd mancher stolzer Ritter zu beyden seyten / vnd wurden viel Edelleuth gefangen. Jedoch so war deß Landgraffen Schaden am grössesten; stehet in der Franckenbergischen Chronic am 38. Blat / vnd dieses geschahe auff S. Laurentius Tag. [141] Vmb das Jahr 1367. vnd folgende / entstund ein grosse Zweyung in der Statt zu Wetzlar auff der Lahne / zwischen Rath / vnd der Gemeine / also / daß der Alte Rath ward vertrieben der Statt / vnnd die Gemein machte ein Newen Rath / vnd regierten nach ihrem Sinn in das siebende Jahr / vnd gaben niemand kein Leibzucht / so wie viel das ihnen gebührete / alle Jahr bey 5. tausend Gülden Gelts Leibzucht / vnd Renten. Vnd da es kam an das siebende Jahr / da kamen die Alten von dem Rath wider in die Statt mit einem Werwort / also / daß man damit solte vmbgehen / daß sie gesünet würden. Deß wurden die vorgenannte Alten von dem Rath einträchtig / mit Juncker Johann dem Grafen von Solms. Vnd dem war gar leuffig vmb die New-Gelt / vnd war heimlich den Alten / vnd auch den Newen. Dann er kam wol mit 50. Ritter / vnd Knechten / in die Statt / vnd liesse die von dem newen Rath alle kommen in ein Hauß. Vnd er nahm sich an / er wolte mit in Rath gehen / vmb Nutz erbare Sach der Statt. Vnd fieng den newen Rath gemeinlich / vnnd bestalt da so viel seiner Diener bey / daß sie musten in dem Hauß bleiben. Vnd nahm deß Reichs Panir / vnd trat auff den Plan / vnd der alte Rath bey ihn. Da kam die Gemein wol mit 500. Mann gewapnet / vnd wolten dem Newen Rath geholffen han. Da sie sahen / daß der Newe Rath / vnd Freund nicht bey ihnen waren / da wurden sie entschupffet. Vnd der vorgeschriebene Graf Johann der beriethe sie mit süssen Worten / vnnd sprach dazu / daß sie die Waffen außthäten / vnnd wurden einträchtig mit ihme / vnd dem Alten Rath / vnd legte den newen Rath in den Thurn / vnd nahmen ihr Gut / vnd schlugen ihrer dreyen die Köpff ab / vnd wurffen ihr ein theil ins Wasser. Also gieng der vorgenandte Graf vmb mit süssen / vnnd betrogen Worten / daß er die Statt zu Wetzlar in seinen Sinn brachte / daß sie wol betrogen wurden / als man den Kindern ein Gleichnuß in der Schul lieset:

Fistula dulce canit, volucrem dum decipit auceps.

Das ist:

Deß Voglers Pfeiff gar süsse sang /
Da er thäte den Vogelfang.

Schreibet mit diesen Worten der Verfasser der Limpurgischen Chronic / so zu dieser Zeit in der Nachbarschafft gelebt hat / am 25. Blat: Der auch am 52. Blat also meldet: Anno 1394. Auff den Sontag nach Achtzehenden / ward zu Wetzlar auff der Löhn ein grosse Zweyung in der Statt. Das kam also: Einer war geheissen Haberkorn / der zog an sich die Zünfft von der Gemeind / vnd gienge Sach an / vnd wolte die vollbringen / vnd begehrten wider den Rath / vnnd wieder Ehr / vnnd kamen zu hauff von der Burg vor der Kirche / vnnd der Rath behielt die Vberhand / vnd schlugen den Haberkorn selb sechs todt / vor der Kirchen auff dem Kirchhoff / vnd die Gemein worffen die Häupter vmb / vnd suchten Gnad an den Rath / vnnd sühnet sich von stund der Rath / vnd die Gemeinde.

Anno 1643. den 24. Septembris / hat diese Statt durch Fewer Schaden gelitten / daß vber 70. der fürnehmbsten Häuser / sampt vielen Schewren mit Früchten / abgebronnen / vnd sie / nach drey vnd zwantzig Jährigen Kriegs-Trangsalen / vollends zu äusserstem Schaden gerahten. Es gehört / heutigs Tags / die Reichs-Vogtey dieser Statt / der Fürstlich Hessen Darmstättischen Lini zu. Dn. Limnaeus tom. 4. de J. publ. J. R. German. p. 869.

  ← Wetter Wetzlar Wildungen →