Topographia Palatinatus Rheni: Manheim

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Topographia Germaniae
Manheim (heute: Mannheim)
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aus: Matthäus Merian (Herausgeber und Illustrator) und Martin Zeiller (Textautor):
Merian, Frankfurt am Main 1645, S. 60–62.
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Manheim.

In der Untern Pfaltz zwey Meilen unterhalb Heydelberg / an dem Ort gelegen / wo der Neckar in den Rhein fällt. Es machen diesen Orth theils / als Heroldus, Bertius, und andere / gar alt. Freherus will part. 1. Origin. Palatin. cap. 4. daß Ammianus Marcellinus von dem Castell / oder Schloß / allhie / rede / wann er vom Käyser Valentiniano schreibt / welcher den gantzen Rhein / vom Schweitzerland auß / biß in das Meer / mit mächtigen Gebäuen bevestiget / auch bißweilen über Rhein seine Gebäu in der Teutschen Gräntze / gesetzt / und wo er vermerckt / daß sein Bau / so er von Grund auffgeführet / von dem vorüberfliessenden Neckar möchte geschwächt / gelöst / oder gar von der Wasserwellen verderbt werden / wie er den Fluß abwenden könte / bedacht / und darzu grosse Wasserkünstler gebraucht; gantze mächtige Bäum in den Rhein geworffen / dieselbe mit mächtigen Stangen / Pallisaden / und Pfeilern / angeklemmert; und da dieselbe / durch Ungestüm der Wellen / außgerissen / die Soldaten also angespannet hat / daß sie biß an das Kin im Wasser stunden / und schafften / daß auch etliche unter ihnen ersoffen / biß er endlich das Wasserbollwerck also bevestigt / daß es Bestandt gehabt hat. Und dieweil besagter Marcellinus, vom Rhein in der Barbarischen Teutschen Gräntze / und außtrücklich von dem Neckar redet / so mit seinen Wellen anschluge; (wie es dann der Neckar mehrmals gemacht / da er die Brück zu Manheim / und Heydelberg / hinweg genommen / und Seckenheim verderbet hat); so vermeynt man / daß es kein anderer Ort / als eben das Manheim / seyn könne / an welchem Ort der gedachte Käyser Valentinianus ein veste Pastey / und Bollwerck / wider die Teutsche / hat setzen wollen. Wie dann lange Jahr ein altes Castell / oder Schloß / die Vestung Echelberg vor Zeiten genant (darinn / auff Anhalten deß Käysers Sigismundi, und Concilii zu Costnitz / und Bewilligung Churfürst Ludwig / Pfaltzgrafen / in die zwey Jahr lang / Balthasar Cossa / oder der abgesetzte Papst Iohannes XXIII. in Verhafftung gesessen) sampt einem Dorff und Zollhauß / gestanden ist; biß Anno 1606. den 17. Mertz / Churfürst Friederich der Vierdte / Pfaltzgraf bey Rhein / den ersten Stein / zu einer neuen Vestung / bey grossem ungewohnlichen Wind / (und Regen) / so den gantzen Tag gewähret / die Bäume auß der Erden gerissen / die Gutschen umbgeworffen / und die Leuthe an ihren Verrichtungen gehindert / gelegt hat; welches theils für ein glückselig Zeichen; andere aber für nichts guts gehalten haben; wie hievon abermals besagter Freherus part. 2. Origin. c. 19. zu lesen / der auch die Uberschrifft an der Neckarpforten setzet; deren Summa ist / daß der Churfürst eben an dem Ort / da Käyser Valentinianus ein starck vest Bollwerck / und Vormaur / wider die außfallende Teutsche erbaut / mit noch besserem Rechte / und verhofftem Glück / dem gemeinen Vatterland zum besten / Schutz / Schirm / und Frommen / diese Stadt / und Vestung / von Grund auff hätte erbauen lassen. Es hat aber dieser Churfürst solches Werck nicht absolvirt; sondern seinem Sohn Churfürst Friderico V. überlassen; der folgends starck allda arbeiten lassen. Aber Anno 1622. ist der General / und Graf von Tilly / darfür geruckt; und hat sich zwar deß jetztgedachten

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[61] Friderici General / Horatius Veer, ein Engelländer / bey sechs Wochen gehalten;[WS 1] aber endlich den 4. November / neuen Calenders / die Vestung / mit gutem accord, auffgeben; die zwar noch mit Munition / und Proviant / wol versehen war. Die Ursach dessen ist gewesen / weil die Stadt viel zu weitläufftig / und von dieser Besatzung nicht hat können verthädigt werden; darumb die Englische dieselbe / nachdem sie viel Häuser / und Gassen / daselbst / angezündt / und das Feuer vom Wind weiter getrieben worden / ihrem Feind überlieffert; welcher der andern noch stehenden Gebäu in der Stadt / zu seinem Vortheil / die Vestung einzunehmen / stattlich gebrauchen können: Weil auch solch trucken Wetter / etliche Wochen über / eingefallen / daß kein Wasser in den Gräben war; die doch sonsten voll zu seyn pflegten; also daß die Belagerten gesagt / daß auch die Elementen wider sie stritten. Uber das die Soldaten vom Schiessen und Fechten / ehe die Stadt eingenommen / sehr abgemattet / sich / weil Heydelberg allbereit verlohren / keines Succurs zu getrösten hatten / auch in sechs Wochen wenig abgelöst worden seyn / und ihnen das Wasser hat abgegraben werden können. Es sind hernach die Thor / Wäll / Pasteyen / und andere Wehren / an unterschiedlichen Orthen / eingerissen worden. Bey dem Schwedischen Wesen hat man die Vestung wieder etwas reparirt; die aber Hertzog Bernhard von Sachsen Weymar / Anno 1631. den 29. December / durch einen Kriegslist / erobert / indem er deß Morgens frühe vor Tags / mit 300. Soldaten / eilends auff die Vestung zugetrungen / und als die Schildwacht / was Volck / sie angeruffen / daß sie von den Schwedischen verfolgt würden / geantwort / und daß sie geschwind auffmachen solten / gebetten haben / so auch geschehen. Anno 1644. im October ist dieser Ort von den Frantzosen erobert / und balde darauf von den Chur-Bäyrischen / die dieses Manheim / den 7. October mit Sturm eingenommen / wieder darauß getrieben worden; wie eine Relation sagt. Eine andere aber meldet / daß die Rosischen darinn nidergemacht / und das Schloß auffs neue bevestigt worden seye. Jetzt ist dieser Ort wieder Chur-Pfältzisch. Der Zoll allhie ist alt / so Anno 1349. erhöhet / auch darwider An. 1492. von den Marggräfischen / und An. 1604. von dem Dom- und S. Martin Stifft zu Mäyntz / geklagt worden seyn solle / wie in einer geschriebenen Relation stehet; wir aber sonsten davon keine gründliche Nachricht haben.

Es ist nahe bey Manheim ein Orth / Neckeraw genant / welches die Römer / ohne Zweiffel / wie Altrip / und Manheim / zu einem Castell / oder Schantze / gebraucht / dann es sehr morastig. Und waren vor der Zeit etliche der Meynung / man solte die Vestung nicht gen Manheim / sondern nach Neckerau / auch wegen des engern Begriffs / setzen. Nicht weit hievon ligt das Dorff Ketsch / dem Capitul zu Speyer zuständig / doch im Pfältzischen Ampt Heydelberg gelegen / und allda Pfaltz etwas Gerechtigkeit hat. Pfaltzgraf Ott Heinrich / nachmals Churfürst / fuhr umb das Jahr 1530. ins gelobte Land / nach Jerusalem. In seiner zuruck Reyse kam er über die offenbare See herauß / da ihme dann ein Schiff / nach Norwegen zu / begegnete / darinn diß Geschrey gehört wurde; Weichet / weichet / der dick Enderlein von Ketsch kompt. Der Pfaltzgraf / und sein Kammermeister Mückenhäuser / kennten den gottlosen Schuldheiß allhie zu Ketsch / und auch den Ort wol; daher / als sie heim kamen / sie nach dem dicken Enderle / und umb die Zeit seines Tods / gefragt / und vermerckt haben / daß es mit der Zeit übereingestimmt / da sie das Geschrey auff dem Meer gehört hatten; wie weyland ein Professor zu Heydelberg in seinen Schrifften auffgezeichnet hinterlassen hat. Ein Stund von Manheim / den Rhein hinauff / ligt AltRip / oder alta Ripa, so den Römern auch wol bekandt gewesen / und von ihnen in Acht genommen worden ist / weil solche Gelegenheit zwischen dem Wormbser- und Speyergöw / in der Mitte / allda ein bequeme Uberfahrt / und ein hohes Ufer / gleichsamb / wie ein auffgeworffener Thamm ist / (daher auch der Nahm kompt) / darauff sie ein Kriegsvolck / auff die Teutsche Achtung zu geben / ligen gemacht haben; wie auß der Notitia Imperii erscheinet; welchen Ort Ortelius in seinem Thesauro übel beschrieben / und für eine Stadt angesehen hat. Ist nur ein schlechtes Dörfflein / und allerhand der Uberfahrt / und deß Alters halben / und [62] daß / wie gesagt / die Römer da ihr Kriegsvolck / auff dem Sandberg / gehalten / bekant; wie hievon beym Frehero part. 2. Origin. Palatin. cap. 14. mit mehrerem zu lesen.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: gehalteu