Topographia Saxoniae Inferioris:Grüningen

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Topographia Germaniae
Grüningen (heute: Gröningen)
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aus: Matthäus Merian (Herausgeber und Illustrator) und Martin Zeiller (Textautor):
Merian, Frankfurt am Main 1653, S. 106–108.
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Grüningen /

Eine Bischofflich Halberstättische Residentz-Statt an der Bode / allda Hertzog Heinrich Julius zu Braunschweig / als Postulirter Bischoff zu Halberstatt / in dem schönen Schloß / etlich Jahr Hoff gehalten; wie dann demselben auch allhie / Anno 1597. vnd 99. den 7. Octobris, vnd 10. Septembris, zwey Söhn / als Hertzog Heinrich Julius der Jünger / vnd Hertzog Christian / (der hernach Bischoff zu Halberstatt worden / vnd / im nächsten Teutschen Krieg / sich wol bekam gemacht hat) gebohren worden seyn. Es ist dieser Ort / wegen deß gedachten Schlosses / vnd der künstlichen Orgel / item eines grossen Fasses / darinn / berühmt; davon / wie es Einer Anno 1614. auff seiner Raise befunden / in dem Itineratio Germaniae gesaget wird. Wann aber im Jahr 1646. zween Bericht in 4. vnd 8. zu Quedlinburg / vnd Halberstatt / in den Druck kommen / wie sich noch selbiger Zeit / im Julio, vnd Augusto, die Sachen / in leidlichem Stande / durch Gottes Gnade / vnd auch Vorsichtigkeit deß 24. Jährigen Ampt-Schreibers allhie / Herrn Johann Günther Göckings / bey nächstem langgewehrten Kriegswesen / befunden; so ist hernach folgendes darauß gezogen worden; das also lautet: Anno 1593. hat Heinrich Julius / löblicher Gedächtnuß / Postulirter Bischoff deß Stiffts Halberstatt / vnd Hertzog zu Braunschweig / vnd Lüneburg / etc. das alte Gebäw renoviren / vnd das newe wiederumb auffführen lassen / vnd darinnen geordnet / vnd gestifftet zu bawen eine herrliche überauß schöne Kirche / dergleichen nicht leicht an Zierde eine übertreffen werde / wie dann auch darüber sieben Jahr gearbeitet / vnd in allen Ecken / vnd Winckeln / mit grossen Vnkosten dermassen außgegipset / vnd gemahlet / daß sich nicht gnug zu verwundern. Vnd ob zwar diese Capell klein / ist sie doch von Gips pusirten hangenden / vnd stehenden Engeln / mit blasenden Posaunen formiret / vnd so vnd so durch mit gemahlten Historien A. vnd N. Testaments verblumiret / daß es wol zu sehen. Vbern Altar ist mit den köstlichsten Farben künstlich außgemahlet / die Erschaffung der Welt / da Thier / Vogel / Huhn / vnd Hahn / dermassen lebendig gebildet / daß es sich alles selbst rühmet. An der Decke seyn vollenzogen die Bibisschen Historien auß dem ersten Buch Mosis: Item / wie der kleine David den grossen Goliath erlegt; wie der Engel der Marien den Gruß verkündet; Item der Engel den Hirten auff dem Felde / daß CHristus gebohren; Item die Geburt Christi / vnd wie die H. 3. König opffern; item die Hochzeit zu Cana in Galilea; [107] item / wie Christus im Schiff schläfft; vnd andere mehr. Vnten in der Kirchen / ist über der Thür das jüngste Gericht: An der seiten / das schöne Nachtstück / da Christus im Garten / von der Jüdischen Schaar gefangen wird; Item / wie Petrus beym Kohlfewer sitzet / Christi Passion / Begräbnuß / vnd Aufferstehung; die Aufferweckung Lazari; die Bekehrung S.Pauli / vnd andere mehr. Ferners ist zu sehen die prächtige Orgel mit 59. Stimmen / so Tremulant / vnd Coppel / zu beyden Manualen hat / Anno 1596. von M. David Becken / Burgern / vnd Orgelmachern in Halberstatt / verfertiget / so Praetorius, der fürtreffliche Capellmeister zu Wolffenbüttel / seelig / in seiner Organographia beschrieben / vnd auch in den oberwehnten 2. Tractätlein verzeichnet / vnnd gesagt wird / daß im Oberwercke Manual 12. In den beyden Seitthörmen zum Pedal 10. Im Pedal der Oberlade 10. Fornen in der Brust zum Manual 7. im Ruck-Positif 14. vnd in der Brust auff beyden seiten zum Pedal 6. Stimmen / seyen. Auß der Kirchen wird man geführet in die Taffelstube. Dieses Gemach / sonst Gülden Gemach genant / ist in 4. Felde der Decke abgetheilet / vnd ist im Ersten Adam / vnd Eva / so lieblich / vnd schön gemahlet / daß nicht ein einiger musculus, oder sonst flexion, vnd Aederlein / daran versehen / so nicht observiret / vnd außgemachet / auch so künstlich angeleget / daß / wenn man einen Seitentritt nimbt / von der Fleche / der schöne klare Adam scheinet / als wäre Er voller Blatern / vnd Beulen / vnd soll durch solche Taffel angedeutet werden die Jugend / oder erste Alter / oder Frühling / darinn alle Wollust gepflogen wird. In der andern Tafel / oder Felde / ist das Männliche Alter/ Neptunus, mit einer schönen Nymphen / rein vnd klar von Farben / vnd neben Ihnen herumb die Arbeiten deß menschlichen Lebens / wol außgemahlet / vnd schattiret. Im dritten Felde ist abgebildet das hohe Alter / allda ein altes Weib / mit einem Beutel in der Hand / in die höhe haltend / dardurch der Geitz angedeutet / also künstlich / vnd wol entworffen / daß kein Alter die Natur / vnd Gestalt / heßlicher verstellen kan / vnd seyn der Lohn / vnd die Laster deß menschlichen Lebens / darbey in Sinnen-Bildern vorgestellet. Im vierdten Felde ist ein Indianer / auch sauber / vnd rein / etc. Benebens diesen / seyn die Felder / mit dem / was sich zur Histori reimet / sinnreich vorgebildet. An den Seiten / zwischen den güldenen Säulen / seyn die Musae, vnd andere schöne Seitenbilder / nach perspectivischer Art / artlich vorgestellet. Hierauff ist drittens zu sehen der Saal / der gleichwol nicht gantz verfertiget. Oben an der Decke / seyn die grossen Thaten deß Herculis außgetheilet / in 9. Feldern. Vber dem Gesimse / an der Seiten / vnd Breiten / seyn gemahlet die Römer / auff mancherley schönen Pferden / von allerhand Art / vnd Farben / wie damaln Hertzog Heinrich Julius selbst soll gehabt haben / eines immer schöner / als daß andere / vnd darunter mit herrlichen perspectivischen Landschafften verblumiret etc. Die Vnterseiten stehen noch leer / vnd nichts drinnen verfertiget. Sonsten seyn auch noch drey schöne Gemächer / das grüne / blawe / vnd gelbe / vnd in den zwey ersten die Historien auß Ovidio, gemahlet / vnd die Rahmen / vnd Leisten / übergüldet / zusehen. Endlich wird auch das grosse Weinfaß gewiesen / dessen länge ist 30. Werckschuch; ist inwendig im Diametro 18. Schuch / 2. Zoll / hoch; ligt in einem grossen Gewölbe im Vorderhoffe; ist von Michael Werner von Landau am Rhein verfertigt worden / vnd soll über sechs tausent Thaler kostet haben. Es seyn darzu kommen 93. Dauben / oder Stäbe / jeder 30. Werckschuch lang; item 316. paar eisen Schienen / mit welchen die Reiffe beschlagen / vnd 955. geschnittene eisene Schrauben / damit die ReiffenSchienen zusammen geschraubet; vnd wägen Schienen / vnd Schrauben zusammen 123. Centner / 99. Pfund. Dieses Faß ist gemessen / vnd gefüllet worden / mit 161. Fuder / 16. Viertel Wein / 6. Ahm für ein Fuder / 1. Ahm 40. Stübichen / 1. Viertel 4. Maaß / gerechnet; thut in allem der [108] Wein 28672. Stübichen / wie im Quedlinburgischen Exemplar; im Halberstättischen aber also stehet: Ein Fuder hält reichlich Stübichen 240. vnd an Rheinischer Maß 480. vnd thut der Wein an Ahmen 966. vnd 32. Stübichen / Ein Stübich hält 8. Pfund / ein Fuder hält 6. Ahm / ein Ahm aber 2. Eimer / vnd 4.Stübichen. Am Gewicht ist das ledige Faß schwer 636. Centner / 18. Pfund / ohne das Lager / deren / wie der besagte Halberstättische Druck meldet / zehen seyn / darauff es ruhet / gleich rund / wie das Faß / biß fast auff den halben theil / gar künstlich verbunden. Vnweit von diesem Grüningen / im flachen Felde / ist ein tieffes gantz felsichtes Loch / gleich wie ein mit fleiß außgehölter / vnd gemawrter Brunn / in welchen / so man einen Stein würffet / man denselben erst über lang ins Wasser fallen höret / vnd rauschet das Wasser unten stätig / wie ein starck fliessender Strom. Etwas weiter hinauff gegen dem Walde / der Hackel genant / ist noch eine andere art eines Erdfalls / gantz voller Wasser / vnd doch eine darauff von Rohr gewachsene / schwimmende / vnd gleichwol ganz grundlose Materi / auff welcher stäts viel Aenten ligen / so man aber deren schon etliche schiesst / seynd sie doch / wegen der vnermeßlichen Tieffe / vnd Grundlosigkeit / nicht abzulangen: Wie in einem / von einem hohen Ort / Anno 1649. vns zukommenen Bericht stehet.