Zur Nahrungssorge

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
<<< >>>
Autor: Carl Ernst Bock
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Zur Nahrungssorge
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 12, S. 183–185
Herausgeber: Ernst Keil
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1868
Verlag: Verlag von Ernst Keil
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite
[185]
Zur Nahrungssorge.
Das (nicht der) Liebig’sche Fleischextract. – Concentrirte Milch. – Malzextracte.

Was wir essen müssen,“ das ist eine Lebensfrage; an diese reiht sich aber auch eine andere wichtige Frage, nämlich: wie müssen wir das Was essen? Um diese beiden Fragen dem Laien so beantworten zu können, daß er auch klug aus unserer Antwort werde, möge derselbe vorerst mit uns einige Blicke in den Bau des menschlichen Körpers, in dessen Ernährung und in den Verdauungsproceß thun.

Mit dem Baue unseres Körpers verhält es sich auf ziemlich ähnliche Weise wie mit dem Baue eines Hauses. Man braucht, wie bekannt, zu einem Hausbaue sehr verschiedenes Baumaterial; man braucht da z. B. Holz, Steine, Eisen, Glas, Lehm und dergleichen mehr. Alle diese Stoffe müssen aber, ihrer Bestimmung gemäß, in bestimmter Weise verarbeitet werden, so z. B. das Holz zu Bretern und Balken, das Eisen zu Platten und Nägeln etc. Erst dann sind sie zur Herstellung von Wänden und Räumen mit Thüren, Fenstern, Oefen, Schlössern etc. zu verwenden.

Ganz dasselbe ist der Fall mit dem Baue des menschlichen Körpers. Es sind dazu ebenfalls eine Anzahl ganz verschiedener Stoffe nöthig, wie z. B. Wasser, Eiweißstoffe, Fette, Salze, Kalke, Eisen etc. Diese Stoffe müssen nun aber auch erst innerhalb unseres Körpers für den Aufbau vorbereitet und zu den kleinsten Körpertheilchen, wie zu Bläschen (Zellen), Fäserchen, Röhrchen, Plättchen und Häutchen, verarbeitet werden. Erst dann können sie zur Zusammensetzung größerer Apparate und Organe, wie der Knochen, Knorpel, Muskeln (oder Fleisch), Nerven etc., dienen.

Die einzelnen Baustoffe für ein Gebäude kennt Jeder durch eigene Anschauung, die unseres Körpers kann nur der Chemiker ausfindig machen; und sie sind ausfindig gemacht worden: Den Hauptbestandtheil (fast drei Viertel) nicht nur des menschlichen, sondern auch des thierischen und pflanzlichen Körpers bildet das Wasser. Es wird in allen, auch in den festesten Körperbestandtheilen, angetroffen. – Nach ihm sind es die Eiweißstoffe, welche in größter Masse und als Hauptgrundlage aller Gewebe unseres Körpers auftreten. Sie werden deshalb auch Gewebsbildner genannt; ihnen verdanken wir am meisten Kraft und Saft. Die wichtigsten eiweißstoffigen Substanzen unseres Körpers führen die Namen: Eiweiß, Faserstoff, Käsestoff, Leim. Ebenfalls in großer Menge und in verschiedener Form finden sich Fette (als Olein, Stearin, Palmitin etc.) in unserm Körper. Ohne Fett ist der Aufbau des Körpers ganz unmöglich. – Von Salzen sind besonders Kochsalz und Kalisalze unentbehrlich. Auch Kalk, Eisen, Schwefel und Phosphor, sowie noch einige andere, meist an die Eiweißsubstanzen gebundene Stoffe, spielen eine große Rolle bei der Zusammensetzung und Ernährung unseres Körpers.

Wie bekannt, giebt es an jedem Gebäude fortwährend zu repariren, da es ja durch die Zeit und den Gebrauch ebenso an seinem Aeußeren wie in seinem Inneren Schaden leidet. Natürlich sind dann die Reparaturen der schadhaften Theile, wenn man diese ja ihren früheren Zustand zurückwünscht, nur mit demjenigen Material, aus welchem diese gearbeitet waren, wieder herzustellen; also die Fenster durch Glas, die Mauern durch Steine, die Schlösser durch Eisen u. s. f. – Ebenso verhält es sich mit unserm Körper. So lange wir leben, nutzt sich derselbe fortwährend in allen seinen Theilen ab, und er kann nur dann ordentlich reparirt, dadurch aber am Leben und gesund erhalten werden, wenn das Abgenutzte aus denselben Stoffen, aus welchen es bestand, immerfort wieder aufgebaut wird; also: das Fleisch durch Eiweißstoffe, die Knochen durch Leim und Kalk, die Nerven durch Eiweiß und Fett etc.

Das fortwährende Abnutzen (Absterben) unserer Körpertheile und das immerwährende Wiederersetzen (Erneuern) derselben nennt man den Stoffwechsel. So lange dieser vor sich geht, leben wir; hört er auf, dann sterben wir; hat er aufgehört, so sind wir todt; geht er schlecht und falsch von statten, dann sind wir krank. Den Stoffwechsel ordentlich im Gange zu erhalten, ist demnach die Aufgabe für jeden Menschen, der leben und gesund sein will.

Das Material, mit welchem unser Körper aufgebaut ist, also: Wasser, Eiweißstoffe, Fette, Salze, Kalke, Eisen, Schwefel und Phosphor etc., – kann der Körper sich nicht selbst erzeugen, es muß ihm von außen zugeführt werden, und zwar, wenn [186] er leben und gesund bleiben will, stets in der richtigen Menge und Güte. Und dies geschieht durch den Genuß von Nahrungsmitteln, von Speisen und Getränken. Diese werden innerhalb des Verdauungsapparates mit Hülfe verschiedener Säfte (des Mund- und Bauchspeichels, des Magen- und Darmsaftes, der Galle) so verarbeitet, daß ihre besten Bestandtheile zu Blut werden und nun zur Erzeugung der verschiedenen Gewebe zu verwenden sind.

In einem Gebäude werden wir uns aber, nur dann wohl befinden können, wenn in dessen Räumen eine angenehme Temperatur herrscht. Wir heizen deshalb bei kaltem Wetter ein. – Auch innerhalb unseres Körpers ist stets ein gewisser Grad von Wärme (+ 30° R.) nöthig, wenn der Stoffwechsel ordentlich vor sich gehen soll. Um diese Wärme zu erzeugen, heizen wir auch ein, und zwar mit Stoffen, die dem Verbrennungsmaterial unserer Oefen (Holz, Stein- und Braunkohle) in ihrer chemischen Zusammensetzung ähnlich sind. Zu ihnen gehören: fettige, stärkemehlhaltige, zuckerhaltige und spirituöse Substanzen. Wir genießen dieselben mit unsern Nahrungsmitteln und zum Theil gleichzeitig als ernährende Stoffe. Einige dieser Stoffe, wie das Stärkemehl und den Zucker, ist unser Körper allmählich in Fett zu verwandeln im Stande, und man nennt diese Stoffe deshalb auch Fettbildner.

Wollen wir nun zur Erhaltung unseres Lebens und der Gesundheit die richtigen Nahrungsmittel wählen, so müssen wir natürlich, um die richtige Auswahl treffen zu können, wissen, welche und wie viel von solchen Stoffen, die unsern Körper aufbauen, in diesem oder jenem Nahrungsmittel vorhanden sind. Je reicher ein Nahrungsmittel an diesen Stoffen (Nahrungsstoffen) ist, desto nahrhafter ist es. Nur die Milch und die Eier enthalten alle jene Stoffe in der richtigen Menge, und deshalb könnte der Mensch auch von Milch oder von Eiern allein leben. Alle übrigen Nahrungsmittel dagegen enthalten entweder nicht alle zu unserer Ernährung nöthigen Materien oder nicht in der gehörigen Menge. Deshalb sind wir gezwungen, mehrere und verschiedenartige Nahrungsmittel miteinander (in unsern Speisen) zu vermischen, um alle diejenigen Stoffe in der richtigen Menge in unser Blut zu schaffen, welche zum Auf-und Neubaue unseres Körpers durchaus nöthig sind. Also dürfen wir nicht blos oder vorzugsweise eiweißstoffige oder blos und hauptsächlich fette etc. Nahrungsmittel genießen, sondern solche, in denen von allen erforderlichen Nahrungsstoffen (von Eiweißstoffen, Fetten und Fettbildnern) genug vorhanden ist. Wir sind deshalb gezwungen, thierische und pflanzliche Nahrungsmittel miteinander zu verbinden, weil in den ersteren zu wenig fette und fettbildende, in den letzteren zu wenig eiweißstoffige Nahrungsstoffe vorhanden sind. Würden wir z. B. blos von magerem Fleische, von Käse oder vom Weißen der Eier leben wollen, so müßten wir ebenso verhungern, als wenn unsere Nahrung blos in Fett, Butter oder Eidotter bestände. Pflanzliche Nahrungsmittel können uns deshalb nur dann richtig ernähren, wenn sie die oben genannten Nahrungsstoffe, also besonders eiweißstoffige, fettige und fettbildende (mehlige und zuckerige) Stoffe, in gehöriger Menge enthalten. Die Kartoffeln die fast nur aus Mehl bestehen, müssen demnach, allein genossen, zur richtigen Ernährung unseres Körpers ganz untauglich sein. Ebenso können aber auch alle Mehlsachen, besonders das Brod, nur dann als nahrhaft gelten, wenn in ihnen außer dem Mehle auch noch Kleber (d. i. der mit dem Weißen im Eie zu vergleichende Eiweißstoff, der dicht unter der Hülse der Getreidesamen lagert) vorhanden ist. Kleienbrod, weil sich in ihm weit mehr Kleber befindet, muß nahrhafter sein als das gewöhnliche Brod ohne Kleie (denn an dieser hängt noch viel Kleber an). Freilich wird aber durch die Kleie das Brod schwerer verdaulich und würde darum einem schwachen Magen nicht anzurathen sein.

Wenn wir nun auch wissen, was wir essen sollen, so ist es ferner noch von großer Bedeutung zu wissen, wie wir das Was genießen müssen. Eine große Menge von Menschen, und gerade arme Leute, essen so, daß ihnen das Genossene keinen solchen Nutzen bringt, wie es könnte, und daß sie also ihr schönes Geld für die Speisen zum Theil unnütz ausgeben. Ein großer Theil der Nahrungsstoffe geht nämlich, wenn diese nicht richtig genossen werden, anstatt in das Blut, mit den Excrementen ganz unbenutzt wieder fort. Um dies nun zu verhindern, merke man sich: Altes Feste, das wir genießen, ganz besonders aber das Fleisch, muß so zubereitet und im Munde mit den Zähnen so lange verarbeitet (gekaut) werden, daß es im Magen und Darmcanale von den Verdauungsäften (vorzugsweise von: sauren Magensafte) leicht durchdrungen und aufgelöst werden kann. Je flüssiger und breiiger ein Nahrungsmittel ist, je schneller es im Verdauungsapparate in eine solche Form verwandelt werden kann und je besser die Verdauungssäfte in dasselbe eindringen können, desto verdaulicher ist dasselbe und desto besser können dessen Nahrungsstoffe ausgezogen und in das Blut geschafft werden.

Deshalb kommt auf die Zubereitung der Speisen sehr viel an. Ein gut gekochtes oder gebratenes, weiches Stück Fleisch muß, ebenso wie ein tüchtig zu Brei zerkautes Stück, weit verdaulicher sein, als hartes, wenig zerkautes Fleisch. – Hartes Ei ist sehr unverdaulich, weiches äußerst leicht verdaulich. – Feste unlösliche, also unverdauliche Stoffe in unsern Speisen, wie Hülsen, Schalen, Körnchen, Blätter n. dergl., erschweren, indem sie im Magen die löslichen, verdaulichen Nahrungsstoffe einhüllen, das Eindringen des Magensaftes in dieselben und hindern dadurch die Lösung derselben. So gehen nicht durchgeschlagene Hülsenfrüchte (auch Reis) fast ganz unverdaut im Stuhlgange wieder mit fort. – Sehr fette Speisen werden ebenfalls dadurch unverdaulicher, sobald das flüssige Fett, welches vom wässrigen Magensäfte nicht durchdrungen werden kann, eine Art Atmosphäre rings um die löslichen Nahrungsstoffe bildet. – Trinkt man Milch langsam in kleinen Schlucken und ißt dazwischen Brod, so gerinnt dieselbe im Magen nur in ganz kleinen Portionen und wird dann für den Magensaft leichter durchdringlich und löslicher. Dagegen bildet sich beim schnellen Trinken größerer Quantitäten Milch im Magen ein großer Klumpen Quark und dieser ist für den Magensaft schwer zu lösen. – Aus diesen wenigen Beispielen wird der Leser hoffentlich erkennen, daß auf das Wie beim Essen viel ankommt.

Wenn es nun feststeht, daß wir Menschen, gerade so wie die Thiere und Pflanzen, essen und trinken müssen, um zu leben, und daß wir mit unserem Essen und Trinken ganz bestimmte Stoffe und zwar sogenannte Nahrungsstoffe (das sind solche, aus denen unser Körper aufgebaut ist) in unsern Verdauungsapparat schaffen müssen; daß ferner diese Nahrungsstoffe mit Hülfe des Verdauungsprocesses so zu verarbeiten sind, daß sie in den Blutstrom eintreten und zur Gewebsbildung verwendet werden können: – so wird es sich denn wohl von selbst verstehen, daß auf die Auswahl, die Zubereitung und die Verarbeitung unserer Speisen durch den Verdauungsproceß sehr viel ankommt. Stets muß also unser Streben bei der Ernährung unseres Körpers dahin gerichtet sein, die nöthige Menge von Wasser, von Eiweißstoffen (Gewebsbildnern), von Fetten und Fettbildnern oder Heizungsmaterial einzuführen. Darauf kommt weniger an, daß wir die Eiweißstoffe gerade in allen den Formen, wie sie in unserm Körper vorkommen, genießen. Und zwar deshalb kommt nicht viel darauf an, weil sich unser Körper seine ihm eigenthümlichen Eiweißstoffe schon zurecht zu machen weist, wenn er nur irgend eine Eiweißsubstanz bekommt. Ebenso verhält es sich mit den Fetten. Habe ich demnach keinen Fleischfaserstoff, so kann ich denselben durch Käse und Eiereiweiß oder auch durch den Kleber der Getreidesamen und den Hülsenstoff (Legumin) der Hülsenfrüchte ersetzen. Die Stelle des Fleischfettes, der Butter und des Eidotters können Pflanzenöle oder auch Fettbildner (stärkemehl- und zuckerhaltige Substanzen) vertreten. Und so ist denn dem Menschen von der Natur eine große Auswahl, von Nahrungsmitteln gegeben. – Trotzdem giebt es viele Gelegenheiten, wo er entweder Mangel an guter Nahrung leiden muß, oder wo er wegen Schwache und Krankheit seiner Verdauungsorgane die gewöhnlichen Speisen nicht vertragen kann. Für solche Vorkommnisse hat nun die Wissenschaft aus verschiedenen Nahrungsmitteln solche Nahrungsstoffe zu bereiten gelehrt, die schon in geringer Menge einen großen Nährwert haben, sich lange Zeit gut erhalten, schnell in Gebrauch genommen werden können, leicht zu transportiren sind und auch von schwachen Verdauungsorganen leicht verarbeitet werden können. Sie passen also: bei Expeditionen aller Art zu Lande und Meer, im Kriege und in Spitälern, für Festungen und Schiffe, zur Verschickung in hungernde Gemeinden, bei Magen und Darmkrankheiten, sowie bei großer Blutarmuth und Körperschwäche. Zur Zeit besitzen wir in den Fleisch- und Malzextracten, in condensirter Milch und Milchsurrogaten solche künstlich bereitete Nahrungsstoffe. Unter allen nimmt aber die oberste Stelle

[187]
das (nicht der) Liebigsche Fleischextract

ein, weil dies der am schnellsten den Stoffwechsel anregende und fördernde, sowie der am leichtesten verdauliche, auch dem schwächlichsten und kränksten Magen zusagende Nahrungsstoff ist. Denn es ist dieses Extract ja auch nichts Anderes als Fleischbrühe, von welcher das Wasser durch Abdampfen getrennt wurde; es ist also eine reine Essenz des Fleisches. Es wird aus dem besten und frischesten Rindfleische bereitet, und ein Pfund des Extracts enthält die löslichen Theile von dreißig Pfund ganz reinen, fettfreien Fleisches. Ein Heilmittel ist dieses Extract, welches einen nicht unbedeutenden Gehalt an phosphorsauren Salzen und Eisenoxyd besitzt, in dem Sinne, als es, auch bei der schwächsten Verdauung, dem Blute Stoffe zuführt, die zur kräftigern Ernährung des heruntergekommenen Körpers viel beitragen. Es ist deshalb bei dem Hungertyphus, der Reconvalescenz von Krankheiten, bei Blutmangel und auszehrenden Leiden weit mehr zu empfehlen, als die von Aerzten in solchen Fällen verordnete Arznei aus Chinin und Eisen, die niemals kräftigt, in der Regel aber sehr bald den Magen verdirbt. Nur darf man nicht, wie dies manche Aerzte ganz mit Unrecht gethan haben, vom Liebig’schen Fleischextracte verlangen, daß es ganz allein die Ernährung unseres Körpers unterhalten soll. Nur durch seine Verbindung mit eiweißstoffigen, fetten und fettbildenden Nahrungsstoffen, wie: mit Ei, Fleisch, Hülsenfrüchten, Mehlspeisen, Gemüse und Kartoffeln, Fleischfett oder Butter etc. wird es zum nahrhaftesten Nahrungsmittel. – In kleinen Quantitäten kann man das Fleischextract zur Kräftigung und Verbesserung von Suppen, Saucen, Ragouts, überhaupt als Würze vieler Speisen (besonders der aus Gemüsen und Hülsenfrüchten) verwenden. Daß man in Haushaltungen und Speisehäusern große Ersparniß damit erzielen kann, liegt auf der Hand.

Wir verdanken dieses der Menschheit sicherlich noch großen Nutzen schaffende Fleischextract, welches in keiner Haushaltung (zumal auf dem Lande) fehlen sollte, dem berühmten Chemiker, der sich auch um die Ernährung unserer Nahrungspflanzen große Verdienste erworben hat, dem Professor v. Liebig in München. Ihm verdanken wir ferner auch, daß dieses werthvolle Extract im Verhältniß zu seinem Nährwerthe so billig zu haben ist. Denn er veranlaßte, daß dasselbe in Ländern bereitet wird, wo das frische beste Rindfleisch außergewöhnlich billig ist, nämlich in den La-Plata-Ländern und in Brasilien. Damit es hier – zur Zeit in Fray-Bentos (Uruguay) unter Leitung des Herrn Giebert – aber auch wirklich nach seiner Methode richtig bereitet werde, überwachen zwei von Liebig selbst ausgewählte Liebig’sche Schüler die Herstellung und weitere Behandlung des Extractes, der eine bei dem Etablissement in Südamerika, der andere bei dem Generaldepot in Antwerpen. Schließlich wird aber auch noch, vor der Auslieferung des Extracts, durch von Liebig selbst und seinen Delegirten v. Pettenkofer eine Untersuchung des Extracts vorgenommen. So kann demnach der Käufer sicher sein, daß er echtes Liebig’sches Fleischextract bekommt. Die auf dem Topfe befindlichen Etiquetten, welche die Fabrikmarke, so wie die Unterschriften der Herren v. Liebig und v. Pettenkofer tragen, müssen natürlich vom Käufer beachtet werden.[1]

Das echte Liebig’sche Fleischextract stellt einen hellbraunen, klebrigen, dicklichen Brei dar, der einen kräftigen Fleischgeruch und in heißem Wasser verdünnt und mit etwas Salz versetzt, einen angenehmen Fleischbrühgeschmack hat. Ein Viertel Theelöffel des Extracts reicht zu einer Tasse guter Bouillon hin und diese ist in wenig Minuten herzustellen; ein Pfund vom Extract mit Zusatz von Kartoffeln und Brod bildet eine kräftige Suppe für einhundertunddreißig Mann. Liebig selbst läßt in seiner Haushaltung eine Suppe davon, und zwar eine sehr schmackhafte, auf folgende Weise für sieben Personen bereiten: man nimmt zwei preußische Quart Wasser, setzt ein halbes Pfund grob zerschlagene Knochen oder zwei Loth Ochsenmark, so wie Suppengemüse hinzu, kocht bis zum Weichwerden der Gemüse (etwas über eine Stunde), nimmt alsdann die Knochen heraus und setzt zwanzig Gramm (11/4 Loth Zollgewicht) amerikanisches Fleischextract (aber nicht mehr) und die nöthige Menge Salz hinzu. Man ist dann nicht im Stande herauszuschmecken, daß diese Suppe aus Fleischextract und nicht aus frischem Fleische bereitet ist. – Dieses Fleischextract ist aber nicht etwa mit der Tafelbouillon (Consommé) zu verwechseln, denn diese ist nichts anderes als Tischlerleim. Auch hüte man sich vor anderen billigeren Fleischextracten, die in der Regel nur eine gallertartige, aus Leimsubstanz bestehende Masse sind, die leicht schimmelt, während das echte Extract durchaus nicht zum Schimmeln geneigt ist. Dasselbe conservirt sich, sogar ohne besondere Vorsicht, in jedem Klima und zwar viele Jahre lang.

Nach dem Liebig’schen Fleischextracte ist am meisten empfehlenswerth:

die condensirte oder concentrirte Milch,

welche vorzugsweise in der Schweiz bereitet wird und zwar, soviel dem Verfasser bekannt ist, an zwei Orten, nämlich in Cham bei Zug (von einer amerikanischen Gesellschaft) und in Vevey (von G. Keppel). Liebig hat die Chamer Milch analysiert und stellt ihr das Zeugniß aus, daß sie aus nichts Anderem als aus Kuhmilch und dem besten Zucker besteht, daß sie alle Eigenschaften einer vollkommen reinen versüßten Milch besitzt und daß deren vorzügliche Eigenschaften sie bald in den großen Städten, wo es täglich schwieriger wird, reine Milch zum Gebrauche in den Haushaltungen zu erhalten, einbürgern wird. Diese concentrirte Milch, die entweder in trockener oder in dickflüssiger Form zu haben ist, vertheilt sich in vier und ein halb bis fünf Theilen Wasser zu einer Flüssigkeit, welche alle Eigenschaften einer vollkommen reinen Milch hat, die mit etwas Zucker versüßt ist. Sie kann im Geschmacke nicht von frischer abgekochter Milch unterschieden werden und enthält: Wasser 22,44 und feste Substanzen 77,56; letztere werden von zugesetztem (feinem Colonial-)Zucker, von Butter, Milchzucker und Käsestoff von der in einem sogenannten Vacuum-Apparate eingedämpften Milch gebildet. Was nun Herr v. Liebig von der Chamer Milch sagt, kann Verfasser mit gutem Gewissen auch von der condensirten Milch des Herrn Keppel in Vevey und Kempten behaupten. Diese Milch, aufgekocht, hat einen äußerst angenehmen Geschmack nach guter, frischer, sahniger Milch, besitzt einen großen Nährwerth und dürfte auch zur Ernährung von Säuglingen sehr passend sein.

Die Malzextrakte,

sowie die verschiedenen Malzpräparate können, da sie keine oder nur äußerst wenige Eiweißstoffe enthalten, dagegen sehr reich an Zucker sind, nur an Stelle von fettigen und fettbildenden Nahrungsmitteln und Heizungsstoffen genossen werden. Sie lassen sich ziemlich leicht verdauen und können, weil sie keine gegohrenen Producte sind, weder durch Gehalt an Spiritus, noch durch ihre Kohlensäure und Hefe schaden. Beim Hoff’schen Malzextract ist dies aber der Fall, und deshalb gehört dieses dünne, mit mehreren Kräutern versetzte Braunbier gar nicht hierher und ist seines hohen Preises wegen zu den Geheimmittel-Schwindeleien zu rechnen.

Von den mir bekannten und benutzten Malzextracten kann ich empfehlen: 1. Das Malzextract von Löffland in Stuttgart, welches mit Liebig’s ausdrücklicher Genehmigung dargestellt ist; 2. das chemisch-reine, von Dr. Linck bereitete Malzextract, welches einen kleinen Zusatz feinen Hopfens hat und in Stuttgart verkauft wird; 3. das nach Linck in der Fabrik von M. Diener in Stuttgart bereitete Malzextract; 4. das kleberhaltige Malzpräparat des Dr. Döbereiner in Freiburg an der Unstrut, welches außer seinem Eiweiß-(Kleber-)Gehalte auch noch die phosphorsauren Salze der Gerste enthält; 5. das Trommer’sche Malzextract; 6. das Fleischer’sche stark- und schwachgehopfte Malzextrakt (in Leipzig); 7. der Malz-Syrup von C. I. Uhlig in Charlottenburg. Alle diese Malzextracte können in Wasser, Bier, Milch etc. und nach Bedürfniß in kleinerer oder größerer Quantität genossen werden. – Daß die Malzpräparate als ausgezeichnete Heilmittel bei Lungenkrankheiten und dergleichen nützen könnten, ist kindischer Aberglaube.

Bock.



  1. In Leipzig haben Brückner, Lampe und Comp. ein Hauptdepot dieses Fleischextracts, und nirgends kann man dasselbe wohlfeiler erhalten als hier, da alle Depots dieselben Preise haben Das Pfund kostet 3 Thlr. 25Ngr., das Viertel-Pfund 1 Thlr.; bei Abnahme von fünf bis hundert Pfund kostet das Pfund nur 3 Thlr. 11 Ngr. und bei Abnahme von zweihundertundfünfzig Pfund blos 3 Thlr. 9 Ngr.