Zwei Erfinder, James Hargreavers und Richard Arkwright

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Titel: Zwei Erfinder, James Hargreavers und Richard Arkwright
Untertitel:
aus: Album der Sächsischen Industrie Band 2, in: Album der Sächsischen Industrie. Band 2, Seite 159–161
Herausgeber: Louis Oeser
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1856
Verlag: Louis Oeser
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Erscheinungsort: Neusalza
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Zwei Erfinder.


Man weiß, wie wichtig die mechanische Spinnerei für den großartigen Aufbau der Baumwollenindustrie geworden ist, ohne die erste wäre die zweite gar nicht möglich; so begegnet man jetzt überall, wo überhaupt reges industrielles Leben sich entfaltet, den ansehnlichen Gebäuden – nicht selten selbst Palästen gleich – wo die Kraft des Wassers oder des Dampfes tausend und abermals tausend Spindeln in Bewegung setzt, wo das Rohmaterial mit einer Gleichmäßigkeit in feinere und stärkere Fäden verwandelt wird, wie sie bei dem ehemals üblichen Handgespinnst nicht zu erzielen war. Man findet fast kein Land mehr, wo die Civilisation sich Eingang verschafft, in welchem nicht mehr oder minder großartige Spinnereien in rastloser Thätigkeit arbeiteten, und viele Länder, die sich auch sonst durch ihre Industrie bemerklich machen, sind im Verhältniß wohl sehr reich mit solchen mehr oder minder großartig angelegten Etablissements ausgestattet.

Auch unser Sachsen hat auf verhältnißmäßig kleinem Raume sehr viele solcher oft sehr bedeutender Etablissements aufzuweisen, in denen viele hunderttausend Spindeln sich im Betrieb befinden, namentlich sind es das Erzgebirge und das Voigtland, wo man den meisten Spinnereien begegnet. Gewaltige Massen Rohmaterials werden hier verarbeitet, groß ist die Produktion, aber doch noch lange nicht hinreichend für den Bedarf der sächsischen Fabriken, welche gezwungen sind, aus der Rheinprovinz, England u.s.w. ansehnliche Quantitäten Gespinnste einzuführen.

Werfen wir nun einen Blick auf die Männer, deren Erfindung allein diesen großartigen Aufschwung der Industrie möglich machte und welche durch dieselbe sich auch um unser engeres Vaterland hochverdient machten, dem sie allerdings nicht angehörten. Männer, welche wirklich nützliche und wohlthätige Erfindungen machten, haben ein Recht auf die Hochachtung und Dankbarkeit Aller. Jene Männer, denen wir die Erfindung der mechanischen Spinnerei verdanken, sind die Engländer James Hargreaves und Richard Arkwright.

Bereits vor diesen Männern waren viele Versuche zur Anfertigung von Spinnmaschinen gemacht, von denen die des John Wyatt die Erwähnungswerthesten sind, aber doch noch so wenig zweckentsprechend sich bewiesen, daß die erste von Wyatt eingerichtete Spinnmühle schon ein Jahr darauf (1743) wieder außer Betrieb gesetzt wurde. Erst

James Hargreavers

kam zu einem erfreulichen Resultat.

Hargreaves war ein unbemittelter Weber in dem Dorfe Standhill bei Blakburn, welcher nur geringen Schulunterricht genossen hatte, aber dennoch sich durch eigene Kraft weiter auszubilden wußte; namentlich beschäftigte er sich mit Vorliebe mit Mechanik und er zeigte sich in diesem Fache als sehr erfinderischer Kopf. – Indem er sich bemühte, Verbesserungen an den Krämpeln zu machen, kam er auf die Idee, die so erhaltenen Wollenbänder, die ohne zu reißen, sich weiter ausdehnen ließen, zugleich zu Fäden zu verspinnen, wobei er sich das Handspinnrad – eine echte deutsche Erfindung – mit flügelloser Spindel zum Muster nahm.

So entstand denn 1767 seine erste Spinnmaschine mit nur acht Spindeln, welche er nach seiner [160] Tochter Jenny, welche sie besorgte, Spinning Jenny nannte. Das dabei befolgte Prinzip war einfach. Hargreaves brachte zwischen den aufgesteckten Spulen, welche die Krämpelbänder enthielten, und den von einer Trommel gemeinschaftlich mittelst Schnuren und Wirtel bewegten Spindeln eine Art Presse an, welche die Bänder zeitweise festhielt; während sich die Spindeln entfernten, so streckten sich die Bänder und wurden durch Drehung der Spindeln zu feinen, festen Fäden. – Noch heute ist dieses Prinzip in der Hauptsache beibehalten und auch der Name der Maschine ist geblieben, so daß die Tochter des armen Webers von Standhill Unsterblichkeit erlangt hat.

Bald darauf gelangte der geniereiche Erfinder dazu, seine Maschine soweit zu vervollkommnen, daß ein Mädchen bis hundert und zwanzig Spindeln bedienen konnte, und er ging nun damit um, seine Erfindung in großem Maßstabe anzuwenden. – Doch da erhob sich des Volkes Grimm gegen ihn, die Arbeiter glaubten, durch diese Maschinen ihr Brod zu verlieren, der Verarmung und dem Hungertode entgegen zu gehen, der stets schadenfrohe und zerstörungslustige Pöbel schloß sich ihnen an und die erbitterten Massen stürmten das Haus Hargreaves, zerschlugen seine Maschine und bedrohten sein Leben, so daß er flüchten mußte.

Hargreaves siedelte nun nach Nottingham, wo er rastlos an der Verbesserung seiner Erfindung arbeitete und eine neue Spinnfabrik gründete; doch seine Hoffnung, hier vor den Angriffen des Pöbels geschützt zu sein, ward bitter getäuscht, wieder empörte sich das Volk gegen ihn und nur mit Mühe und Wunden bedeckt, konnte er aus den Händen der Wüthenden befreit werden, welche in ihm ihren größten Feind zu sehen glaubten.

So verfolgt, angefeindet, selbst tödtlich gehaßt, war das Leben voll Bitterkeit für den Erfinder, der seine letzten Mittel zugesetzt hatte und nun immer tiefer in Armuth sank. – Auch die Ehre der Erfindung wollte man ihm zuletzt nicht mehr gönnen, Andere, denen es vielleicht gelang, hier oder da eine kleine Verbesserung oder Aenderung an seinen Maschinen anzubringen, nahmen die Ehre der Erfindung für sich in Anspruch. So mußte auch Hargreaves das bittere Loos so manches genialen Erfinders im vollsten Maaße erfahren; er, dessen Erfindung nachher Tausenden zu großem Reichthum und noch andern Tausenden wenigstens zum Wohlstand verhalf, sah sich zuletzt durch die bitterste Armuth gezwungen, in dem Arbeitshause zu Nottingham eine Zuflucht zu suchen und dort ist er gestorben, so von aller Welt vergessen, daß man nicht einmal das Jahr seines Todes mit Bestimmtheit weiß. – Es ist oft ein Unglück, einen hellen Kopf zu haben und ein genialer Erfinder zu sein!

Glänzender freilich war das Loos des

Richard Arkwright.

Dieser war im Jahre 1740 in Preßton in Lancashire geboren und widmete sich dem Barbiergewerbe, in welchem er nie auf einen grünen Zweig kam, da er weit mehr Neigung hatte, das Räderwerk einer Uhr zu studiren oder Maschinenmodelle zu fertigen, denn seinen Kunden den Bart abzunehmen. Vorzüglich beschäftigte den jungen Mann die Idee eines Perpetuum mobile, welcher er Jahre lang nachgrübelte, aber natürlich vergebens, wie denn dieses Problem auch schwerlich gelöst werden dürfte.

Auch das Spinnen der Baumwolle nahm bald seine Aufmerksamkeit in Anspruch und da war es vorzüglich das Wyattsche System, welches er studirte und einer weiteren Ausbildung für fähig hielt. Dieser Gedanke beschäftigte ihn bald ausschließlich und zwar so, daß er 1767 Scheermesser und Barbierbecken im Stiche ließ und mit dem Entschluß, sich ganz der Mechanik zu widmen, nach Warrington ging. Hier lernte er einen Uhrmacher Namens Kay kennen, der sich ebenfalls schon längere Zeit, aber ohne Erfolg, mit dem Bau einer Spinnmaschine für Baumwolle beschäftigt hatte, und verband sich mit ihm zu gleichem Zweck.

Aber der Eine war so mittellos wie der Andere und sie würden daher auch nicht viel haben beginnen können, wenn Arkwright nicht zufällig einen wohlhabenden Fabrikanten in Liverpool, Namens Atherton [161] kennen gelernt und ihn für das Unternehmen gewonnen, so daß er das nöthige Geld dazu hergab. So kam denn 1768 die erste Arkwrightsche Spinnmaschine zu Stande und im nächsten Jahre – 1769 – erhielt der Erbauer ein Patent darauf.

Diese Spinnmaschine nannte Arkwright Waterspinnmaschine, da er sie zum Betriebe mit Wasserkraft eingerichtet hatte, deshalb hieß durch das darauf gesponnene Garn Watergarn (watertwist). In der Hauptsache benutzte Arkwright die Wyattschen Walzen und brachte sie in Verbindung mit dem deutschen Spinnrade, aber der Flügelspindel und erzielte dadurch das ununterbrochene und gleichmäßige Ausziehen, Drehen und Aufwickeln der Fäden.

Da Arkwright nur die Idee Wyatts weiter verfolgte, so kann man ihn nicht eigentlich den Erfinder, wohl aber den Vervollkommner dieser Baumwollenspinnmaschinen nennen, auch gebührt ihm unbestritten das Verdienst, der eigentliche Begründer eines Industriezweiges zu sein, welcher den riesenhaften Aufschwung der Baumwollenindustrie hervorrief und vielen Millionen Händen Beschäftigung giebt.

Das System von Arkwright, welches im Laufe der Zeit noch manche Verbesserungen erfahren, ist das in seinen Hauptsachen heute noch allgemein befolgte.

Auch Arkwright lud durch seine Maschinen Anfangs den Haß der Arbeiter in solchem Grade auf sich, daß er Liverpool verlassen mußte. Er wandte sich nach Nottingham, wo die Gründer der berühmten Spinnerei in Derby, Strutt und Need sich für die Sache lebhaft interessirten und neue Geldmittel beschafften.

In Verbindung mit einem gewissen Smalley erbaute Arkwright nun seine erste kleine Spinnerei, welche für Pferdebetrieb eingerichtet war. Im Jahre 1771 begründete er dann, dieses Mal in Compagnie mit einem Schotten Namens Dale, die zweite größere Spinnerei zu Cromford in Derbyschire, dieses Mal zum Betrieb mit Wasserkraft eingerichtet.

Bald trennte er sich von seinen Compagnons und trieb nun das Geschäft allein und mit dem glücklichsten Erfolg, zudem er 1775 sein Patent hatte erneuern lassen.

So wurde Arkwright bald einer der reichsten Spinner Englands und er erhielt im Jahre 1786 die Erhebung in den Adelstand. Als er am 3. August 1792 zu Cromford starb, hinterließ er seinem Sohne ein Vermögen von über sechshunderttausend Pfund Sterling.

Arkwright war also glücklicher gestellt, als eine Menge anderer Erfinder, welche verkannt, bei Lebzeiten vergessen, bei trockenem Brote, oft wohl auch dem Hungertode nahe, arbeiten müssen, während Andere sich die Frucht langjähriger Anstrengungen zu Nutze machen und dabei Reichthümer sammeln. Arkwright verstand es, die von ihm ins Leben gerufene Sache auch auszubeuten, und wir wünschen allen Erfindern von wirklich nützlichen Sachen, daß auch sie, wie Sir Richard, durch die Sache selbst reich belohnt werden möchten, damit von ihnen das unglückliche Schicksal des Webers von Standhill fern bleibe.