Zweihundert deutsche Männer in Bildnissen und Lebensbeschreibungen/Johann Christoph Friedrich von Schiller

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Textdaten
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Autor: Ludwig Bechstein
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Titel: Johann Christoph Friedrich von Schiller
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aus: Zweihundert deutsche Männer in Bildnissen und Lebensbeschreibungen, S. 327–328
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Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1854
Verlag: Georg Wigand's Verlag
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Google und Commons
Kurzbeschreibung:
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Johann Christoph Friedrich von Schiller.
Geb. d. 10. Nov. 1759, gest. d. 9. Mai 1805.


Neben Goethe Deutschlands gefeiertster Dichter, ja lange Zeit von einer großen Anzahl Verehrer und Bewunderer noch über jenen Heros der deutschen Nation gestellt. Im kleinen schwäbischen Städtchen Marbach stand Schiller’s älterliches Haus. Der Vater war praktischer Wundarzt, wurde Militärchirurg und brachte es zu Ende des siebenjährigen Krieges bis zum Hauptmann. Die Mutter war eine stille fromme Frau, von poetischer Begabung, die sich namentlich auf den Sohn und dessen ältere Schwester Christophine, später Gattin und Witwe des Hofrath und Bibliothekar Reinwald in Meiningen, vererbte, und im Sohne als herrlichste Flamme des Genius emporschlug. Von Marbach zogen die Aeltern mit den Kindern nach Lorch, von da wurde der Vater nach Ludwigslust versetzt, wo der Herzog Karl von Würtemberg den Knaben, welcher sich dem geistlichen Stande widmen wollte und sollte, für seine militärische Pflanzschule, die Karlsacademie bestimmte. In dieser fühlte sich der junge Schiller nicht heimisch, schwankte in der Wahl des künftiges Berufes, wollte erst Jurist werden, griff dann zum Studium der Medicin und kämpfte den bittern Kampf eines Gemüthes durch, das aus Lieblingsplänen gerissen, seine Lebenslaufbahn als eine verfehlte betrachten muß. Zum Glück drangen Bücher in den abgeschlossenen Kreis der Karlsschule, gleich zündenden Strahlen und befruchtenden Blitzen, und regten den Jüngling mächtig zu eigenen dichterischen Versuchen an. Schiller vollendete indessen mit Ernst seine medicinischen Studien, und wurde Regimentsarzt, blieb aber dabei im lebhaften Verkehr mit den Freunden auf der Karlsschule, schrieb zahlreiche Gedichte und vollendete die schon auf der Karlsschule begonnenen Räuber, dies titanische Werk eines freiheitsprudelnden Jünglingsgeistes, der in einem Spiegelbilde seiner eigenen Natur alle Bande der Gesellschaft sprengte. Das Stück machte ungeheures Aufsehen, Freiherr von Dalberg, der einsichtsvolle Direktor der Mannheimer Hofbühne, bewirkte die Aufführung desselben und Schiller begab sich heimlich, ohne Urlaub nach Mannheim, derselben beizuwohnen. Die Aufnahme war glänzend, das Stück schuf dem Dichter Freude und Ruhm, aber auch Weh und Leid. [Ξ] Die Strafe wegen heimlicher Entfernung und das Verbot des Herzogs ferner Dichterisches zu veröffentlichen trieb ihn zur Flucht. Ohne alte Mittel fand er durch Frau von Wolzogen ein Asyl in Bauerbach bei Meiningen, wo er seinen Fiesko und Kabale und Liebe vollendete, auch die vorbereitenden Studien zu Don Carlos machte. Von dieser Zeit an begann er nun seine große Laufbahn zu durchwandeln, wurde gerühmt und gefeiert, blieb aber arm. Von Mannheim, wo er eine Zeit lang als Theaterdichter lebte und die Rheinische Thalia herausgab, ging er auf die Einladung Körners, der mit ihm einen fürs Leben dauernden Freundschaftsbund schloß, erst nach Leipzig, dann nach Dresden und wandte sich jetzt geschichtlichen Studien zu, als deren erste Frucht die Geschichte des Abfalls der Niederlande erschien. Von da begab Schiller sich nach Weimar; Wieland gewann ihn für seinen deutschen Merkur. Goethe, dessen ganzes Wesen nach Schiller’s eigenem Ausspruch, anders angelegt war, blieb ihm Anfangs ferne, förderte aber dennoch Schiller, der sich nach einem festen Halt im Leben sehnte, zumal die Liebe zu seiner nachherigen Gattin, Charlotte von Lengefeld, ihm ein solches Ziel höchst wünschenswerth erscheinen ließ. Hauptsächlich durch Goethes Einfluß erhielt Schiller die Professur der Geschichte in Jena, vom Herzog Georg zu Sachsen-Meiningen den gewünschten Hofrathstitel, worauf Schiller’s eheliche Verbindung erfolgte; so trat er 1789 mit Freuden sein neues Amt an. Später verlieh ihm noch sein Fürst den Adel.

Was Schiller Deutschland und der ganzen gebildeten Welt geworden ist und gegeben hat, läßt sich nicht im engen Rahmen einer flüchtigen biographischen Skizze schildern, auch ist es bekannt genug. Leider hemmte frühzeitig Krankheit ihn an der Fortsetzung seiner Amtspflichten und schöpferischen Thätigkeiten, doch litt er nicht Mangel. Gütig und wohlwollend setzten der Herzog von Holstein-Augustenburg und der Graf Schimmelmann vereint dem Dichter auf drei Jahre eine Rente von 1000 Thalern aus, damit er sorgenfrei und nur den Rücksichten auf seine Gesundheit leben könne. Als lyrischer und dramatischer Dichter erreichte Schiller den Gipfel der höchsten Anerkennung und Bewunderung seiner Zeitgenossen; als Geschichtschreiber zeichnete er sich durch Klarheit und Würde aus; als Philosoph wie als Dichter rang er sich empor in das Reich der Ideale, und zog viele andere dahin liebend nach. „Er besiegte“ nach Goethes ehrendem Wort „den Widerstand der stumpfen Welt und schwang zum höchsten sich empor.“ Zu früh und allgemein beklagt endete Schiller an einem Anfall seines Brustleidens. Sein Wilhelm Tell war sein Schwanengesang. Unvergänglich lebt sein Andenken im Bewußtsein der Nation, er ist vorzugsweise der Sänger der Jugend und der Frauenwelt; erstere erfreut sich an den Bildern idealer Freiheit, letztere an der lieblichen Anmuth und der sittlichen Reinheit von Schiller’s unsterblichen Dichtungen, und so winden sich dem Unvergeßlichen ewige Kronen von Geschlecht zu Geschlecht.